Entscheidungsstichwort (Thema)

Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Darlegungsanforderungen bei Gehörsrüge. Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Hochsschullehrer mit vertragspsychotherapeutischer Nebentätigkeit. Kein Erfordernis einer Sondervorschrift oder besonderen Übergangsvorschrift für Hochschullehrer. Kein Verstoß gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

 

Orientierungssatz

1. Bei Neuordnung des Berufsfeldes der Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bedurfte es nicht, einer zusätzlichen Sonder(übergangs)vorschrift für Hochschullehrer mit vertragspsychotherapeutischer Nebentätigkeit.

2. Der Beruf als Hochschullehrer mit voller Planstelle hindert eine Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit.

3. Es ist nicht unverhältnismäßig, Hochschullehrern, die ihre nebenberufliche vertragspsychotherapeutische Tätigkeit fortsetzen möchten, die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu verwehren.

4. Bei einer Gehörsrüge gegenüber einem Urteil, dem eine bestimmte materiell-rechtliche Rechtsauffassung zu Grunde liegt und das dementsprechend zulässigerweise nur das dafür relevante Vorbringen verwertet hat, ist darzulegen, inwiefern das vermeintlich unberücksichtigt gebliebene Vorbringen bzw die ergänzenden Ausführungen das Berufungsgericht zu einem anderen Urteilsspruch hätten veranlassen können (vgl zB BSG vom 7.7.2000 - B 6 KA 78/99 B).

 

Normenkette

SGB 5 § 95 Abs. 10-11, § 98 Abs. 2 Nr. 10; Ärzte-ZV § 20 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; PsychThG/SGB5uaÄndG; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3, § 62

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen L 11 KA 4/00)

SG Bremen (Urteil vom 26.01.2000; Aktenzeichen S 1 KA 171/99)

 

Tatbestand

Der Kläger, Hochschullehrer am Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität B., verfügt über einen Abschluss als Diplom-Psychologe. Seit Januar 1990 hat er als Psychotherapeut im Delegationsverfahren Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt. Sein Antrag vom Dezember 1998 auf bedarfsunabhängige Zulassung hatte im Verwaltungsverfahren keinen Erfolg.

Seiner Klage hat das Sozialgericht (SG) stattgegeben. Das Landessozialgericht (LSG) hat sie unter Aufhebung des SG-Urteils abgewiesen. In dem Berufungsurteil ist ausgeführt, der Kläger könne als Hochschullehrer mit voller Planstelle nicht zur vertragsärztlichen bzw -psychotherapeutischen Versorgung zugelassen werden. Zwar erfülle er sämtliche Voraussetzungen gemäß § 95 Abs 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), nicht aber auch diejenigen des § 20 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Diese Vorschrift fordere nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass der Arzt bzw Psychotherapeut keinen Bindungen auf Grund anderer Erwerbstätigkeit unterliegen dürfe, von der eine prägende Wirkung ausgehe, dh die im Vordergrund stehe. Dies sei aber beim Kläger durch seinen beruflichen Status und seine Tätigkeit als Hochschullehrer mit einer vollen Planstelle der Fall. Widme er sich im vorgesehenen Umfang der Forschung, Lehre und der Arbeit in den Selbstverwaltungsgremien, so sei seine Arbeitskraft dadurch im Wesentlichen ausgeschöpft. Auch wenn seine Stelle ihn nicht zu vollschichtiger Tätigkeit und Anwesenheit verpflichte, bilde der Beruf als Hochschullehrer doch den Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Die daraus folgende Versagung weiterer vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit sei mit Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Eine Übergangsregelung, die ihm wenigstens vorübergehend die Weiterführung seiner vertragspsychotherapeutischen Nebentätigkeit beließe, sei nicht normiert und auch nicht erforderlich gewesen. Der Gesetzgeber habe sich, ohne dass dies zu beanstanden sei, dafür entschieden, nur die Übergangsregelungen der bedarfsunabhängigen Zulassung und Ermächtigung einzuführen. Das Absehen von einer Übergangsregelung für Psychotherapeuten, die nur in untergeordnetem Umfang psychotherapeutisch tätig sein könnten oder wollten, fördere das Ziel der Gleichstellung der zugelassenen Psychotherapeuten mit den Vertragsärzten, indem für beide dieselben Beschränkungen gälten. Das Fehlen einer weiteren Übergangsregelung speziell für Nebentätigkeits-Psychotherapeuten sei diesen zumal deshalb zuzumuten, weil bei ihnen eben nur die Nebentätigkeit betroffen sei, die nicht in gleicher Weise wie ihre Haupttätigkeit ihrer Existenzsicherung diene.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Sein Vorbringen, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, ist hinsichtlich einiger von ihm aufgeworfener Rechtsfragen zulässig, aber unbegründet, hinsichtlich anderer bereits unzulässig; die von ihm ferner erhobene Verfahrensrüge ist ebenfalls unzulässig.

Hinsichtlich der Rechtsfrage,

ob eine Übergangsregelung - und ggf welcher Art - bezogen auf § 20 Abs 1 Ärzte-ZV erforderlich ist (Beschwerdebegründung unter III. 1. a),

hat der Kläger die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ ) zwar entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargelegt. Es fehlt aber an der Erfüllung der inhaltlichen Voraussetzungen für die Revisionszulassung. Diese setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BVerfG ≪Kammer≫, SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14; s auch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19 S 34 f; Nr 30 S 57 f mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls die Rechtsfrage schon beantwortet ist, ebenso dann, wenn Rechtsprechung zu dieser Konstellation zwar noch nicht vorliegt, sich aber die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem Gesetz und/oder anhand der zu Teilaspekten vorliegenden Rechtsprechung ergibt (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort siehe zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f). Diese Anforderungen sind insgesamt verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl zB BVerfG ≪Kammer≫, Beschluss vom 29. Mai 2001 - 1 BvR 791/01 -, und früher schon BVerfG ≪Kammer≫, SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f; Nr 7 S 14; s auch BVerfG ≪Kammer≫, DVBl 1995, 35). Die Frage der Notwendigkeit einer Übergangsregelung bezogen auf § 20 Abs 1 Ärzte-ZV - und ggf welcher Art - ist nicht klärungsbedürftig, denn sie lässt sich anhand der Regelung in der Ärzte-ZV in Verbindung mit der zu Teilaspekten bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten. Anerkannt ist, dass der Gesetzgeber, auch wenn er zur Schaffung von Übergangsregelungen verpflichtet ist, bei deren Ausgestaltung eine weite Gestaltungsfreiheit hat (st Rspr des BVerfG, vgl zB BVerfGE 43, 242, 288 f; 67, 1, 15 f; BVerfG ≪Kammer≫, Beschluss vom 16. März 2000, NJW 2000, 1779 ≪unter 1.b und 2.b mwN≫; vgl dazu auch BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 32 f). Eine besonders weite Gestaltungsfreiheit hat er bei der Neuordnung von Berufsfeldern und Festlegung von Berufsbildern (s BSGE 90, 111, 114 und 116 = SozR 3-2500 § 85 Nr 49 S 418 und 420, mit Hinweis auf BVerfGE 44, 1, 20 f; 78, 179, 193). Eine solche Neuordnung lag hier vor in der erstmaligen Schaffung berufsrechtlicher Voraussetzungen für die Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie in der Einführung einer Approbation als Voraussetzung der Berufsausübung und der Einbeziehung der Psychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung mit der Berechtigung zu unmittelbarer Behandlung - dh ohne Zwischenschaltung eines Vertragsarztes - (vgl dazu BSGE 90, 111, 111 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 49 S 415). Bei solcher Neuordnung ist ohne Weiteres klar - ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf -, dass der Gesetzgeber, der mit den Bestimmungen für bedarfsunabhängige Zulassungen (§ 95 Abs 10 SGB V) und bedarfsunabhängige Ermächtigungen (§ 95 Abs 11 SGB V) schon sehr weitgehende Übergangs- und Härteregelungen geschaffen hatte, nicht außerdem noch eine Sondervorschrift für Hochschullehrer, die ihre vertragspsychotherapeutische Nebentätigkeit fortsetzen möchten, hat schaffen müssen. Dazu wird auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verwiesen, das den mit der Neuordnung verbundenen Verlust der Behandlungsberechtigung für zB Nicht-Psychologen als rechtmäßig angesehen hat (s BVerfG ≪Kammer≫, Beschluss vom 16. März 2000, NJW 2000, 1779 f; vgl auch BSG, Urteil vom 5. Februar 2003, SozR 4-2500 § 95 Nr 4 RdNr 23 zur Versagung für einen Erstattungspsychotherapeuten, der nicht Psychologe war), ungeachtet dessen, ob die vertragspsychotherapeutische Behandlungstätigkeit für sie sogar die maßgebliche Einkommensquelle darstellte. Vor dem Hintergrund also genereller Rechtmäßigkeit der Neuordnung bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte, dass im Hinblick auf die konkrete Fallgruppe der Hochschullehrer, die nur in einem Nebentätigkeitsbereich betroffen sind, ein unverhältnismäßiger bzw unzumutbar harter Eingriff gegeben - und deshalb insoweit eine zusätzliche Übergangsregelung erforderlich - sein könnte. Dies gilt auch für solche Hochschullehrer, die wie der Kläger im Delegationsverfahren tätig waren, unabhängig davon, ob bei ihnen der Berufs- und Bestandsschutz größeres Gewicht hat als bei denjenigen, die nur im Kostenerstattungsverfahren tätig waren.

Ebenso wenig zur Revisionszulassung geeignet ist die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage,

ob von einer Fortsetzung der - nennenswerten und nicht nur gelegentlichen - vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit eines Hochschullehrers Gefahren für das Gesundheitssystem ausgehen bzw ob von ihrer Fortsetzung tatsächlich und nicht nur abstrakt-grundsätzlich Gefahren für das vertragsärztliche System ausgehen.

Diese Frage ist nicht klärungsfähig (entscheidungserheblich), denn sie stünde in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren nicht zur Entscheidung an. Denn wenn schon die Neuordnung des Berufsfeldes insgesamt es rechtfertigt, generell keine zusätzlichen Sonder(übergangs)vorschrift für Hochschullehrer mit vertragspsychotherapeutischer Nebentätigkeit vorzusehen (s o), dann bedarf es keiner Überprüfung, ob von der Fortsetzung solcher Nebentätigkeiten überhaupt Gefahren ausgehen und ob dies ggf nur abstrakt-grundsätzliche oder gar tatsächliche Gefahren wären.

Zur Revisionszulassung führt auch nicht die ergänzende Argumentation des Klägers, die Anwendung des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV auf Hochschullehrer mit psychotherapeutischer Nebentätigkeit stelle eine Erweiterung der bisherigen - Arbeitnehmerverhältnisse betreffenden - Rechtsprechung zu § 20 Abs 1 Ärzte-ZV dar, wofür es eines Grundsatzurteils des BSG bedürfe. Sofern insoweit überhaupt eine zulässige - den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG entsprechende - Grundsatzrüge angenommen werden kann, ist diese jedenfalls unbegründet. Denn die Klärungsbedürftigkeit ist nicht gegeben. Aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich ohne Weiteres - ohne dass ein Revisionsverfahren erforderlich ist -, dass auch der Beruf als Hochschullehrer mit voller Planstelle eine Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit hindert. Diese Zulassung ist gemäß § 20 Abs 1 Ärzte-ZV nur möglich, wenn beruflicher Status und Tätigkeit im Gesamtbild deutlich von der vertragsärztlichen bzw -psychotherapeutischen Tätigkeit geprägt sind; eine anderweitige Berufstätigkeit darf nur untergeordnete Bedeutung haben (Urteile vom 30. Januar 2002, 11. September 2002 und 5. Februar 2003, BSGE 89, 134 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 20 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 15-17; diese Rspr bestätigend BVerfG ≪Kammer≫, Beschlüsse vom 23. September 2002 - 1 BvR 1315/02 - und vom 12. Februar 2003 - 1 BvR 59/03 -). Nach diesen Maßstäben steht der Zulassung - ohne Weiteres erkennbar - auch die Tätigkeit als Hochschullehrer mit voller Planstelle entgegen (so auch BSG, Beschlüsse vom 19. Juni 2002 - B 6 KA 61/02 B - und vom 28. April 2004 - B 6 KA 116/03 B -).

Zur Revisionszulassung ungeeignet (insoweit wird die Entscheidungserheblichkeit schon nicht entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG aufgezeigt) sind auch die Ausführungen des Klägers zur Entscheidung des BVerfG zu Nebentätigkeiten von Rechtsanwälten mit seinem Hinweis, dass dieses für deren Verbot konkrete Gefahren von Interessenkollisionen fordere (s BVerfGE 87, 287, Leitsatz 5 und S 328 ff, 330). Diese Entscheidung lässt Parallelen zu Problemlagen des Vertragsarztrechts nur in Bezug zum z w e i t e n Absatz des § 20 Ärzte-ZV erkennen, der ebenfalls konkrete Interessen- und Pflichtenkollisionen voraussetzt, dh die Prüfung erfordert, ob Wechselwirkungen zwischen der Beschäftigung und der vertragsärztlichen bzw -psychotherapeutischen Tätigkeit zu befürchten sind wie die Rekrutierung von Patienten für die eigene Praxis oder die Verlagerung von Leistungen und Vergütungen von dem einen in den anderen Bereich (s BSGE 89, 134, 144 ff = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 28 ff; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 18; vgl ferner BSGE 80, 130, 132 ff = SozR 3-5520 § 20 Nr 2 S 12 ff). Inwiefern die BVerfG-Entscheidung auch für die Auslegung des vorliegend einschlägigen e r s t e n Absatzes des § 20 Ärzte-ZV maßgeblich sein könnte, der den zeitlichen Umfang anderweitiger Tätigkeiten neben der vertragspsychotherapeutischen begrenzt, wird in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt. Die Beschwerdebegründung führt keine Passage des BVerfG an, die sich mit einer Beschränkung des Zugangs zum Anwaltsberuf wegen des zeitlichen Umfangs anderweitiger Tätigkeiten befasst.

Mangels ausreichender Darlegungen im Sinne des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG unzulässig ist die Beschwerde ferner hinsichtlich der Rechtsfrage,

ob die Anwendung der Generalklausel des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV auf Hochschullehrer, die ihre vertragspsychotherapeutische Tätigkeit fortsetzen möchten, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das aus Art 12 Abs 1 GG resultierende Verbot zu sehr typisierender Unvereinbarkeitsregelungen verletzt.

Auch insoweit wird die Entscheidungserheblichkeit nicht wie erforderlich dargelegt. Mit dem Hinweis auf zu sehr typisierende Unvereinbarkeitsregelungen knüpft die Beschwerdebegründung wiederum an die zitierte BVerfG-Entscheidung an (s BVerfGE 87, 287, 322). Diese befasst sich aber auch insoweit nur mit der Frage von Interessenkollisionen durch anderweitige Tätigkeiten, lässt mithin auch hier nur Bezüge zum zweiten Absatz des § 20 Ärzte-ZV erkennen, nicht aber zum hier einschlägigen ersten Absatz. Zur Revisionszulassung führt auch nicht die vom Kläger getroffene vergleichende Unterscheidung zwischen Nebentätigkeitsbegrenzungen bei Neubewerbern und bei bereits länger Berufstätigen. Er macht geltend, Gegenstand der Urteile vom 30. Januar 2002 und vom 11. September 2002 (BSGE 89, 134 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 und BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4) seien Neubewerber gewesen, während er - der Kläger - als bereits länger Berufstätigen anzusehen sei. Die Betroffenen waren in allen Konstellationen bereits seit Längerem vertragspsychotherapeutisch tätig, lediglich mit dem Unterschied, dass sie in den BSG-Fällen nur im Kostenerstattungsverfahren bzw auf Grund einer Ermächtigung tätig waren, der Kläger dagegen seine Patienten im Delegationsverfahren behandelte, was aber angesichts der sich aus Gesetz und Rechtsprechung ergebenden Gleichstellung von Delegations- und Erstattungspsychotherapeuten keine Unterschiedsbehandlung rechtfertigt. Mithin bleibt unklar, worauf der Kläger mit seinen Differenzierungen hinaus will (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

Erfolglos (unbegründet) ist die vom Kläger erhobene Grundsatzrüge auch bezogen auf die letzte von ihm aufgeworfene Rechtsfrage,

ob es unverhältnismäßig ist, Hochschullehrern, die ihre nebenberufliche vertragspsychotherapeutische Tätigkeit fortsetzen möchten, diese bereits deshalb zu verwehren, weil ihr Einkommen daraus nicht in gleicher Weise wie ihr Hochschulgehalt der Existenzsicherung dient.

Insoweit ist die Klärungsbedürftigkeit nicht gegeben. Wie ausgeführt, ergibt sich aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung zur Neuordnung eines Rechtsgebietes im Allgemeinen und zum Erfordernis von Übergangsregelungen im Speziellen, dass im Hinblick auf die konkrete Fallgruppe der Hochschullehrer, die nur in einem Nebentätigkeitsbereich betroffen sind, kein unverhältnismäßiger bzw unzumutbar harter Eingriff gegeben und deshalb insoweit keine zusätzliche Übergangsregelung erforderlich ist. Wie dargelegt, gilt dies auch für solche Hochschullehrer, die wie der Kläger im Delegationsverfahren tätig waren, unabhängig davon, ob bei ihnen der Berufs- und Bestandsschutz größeres Gewicht hat als bei denjenigen, die nur im Kostenerstattungsverfahren tätig waren. Hieraus folgt ohne Weiteres - ohne dass es der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf -, dass es nicht unverhältnismäßig ist, Hochschullehrern, die ihre nebenberufliche vertragspsychotherapeutische Tätigkeit fortsetzen möchten, die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu verwehren. Vor dem Hintergrund der Neuordnung des Berufsfeldes - mit der Folge der Rechtmäßigkeit weitgehender Eingriffe (s o) - gilt dies auch für Hochschullehrer, die bereits seit 20 Jahren vertragspsychotherapeutisch tätig waren, dafür hohe Investitionen getätigt hatten und nunmehr bereits höheren Alters sind, wie dies zB beim Kläger der Fall ist.

Unzulässig sind die Einwände des Klägers gegen die Ausführungen des LSG, sein Einkommen aus der Nebentätigkeit diene nicht in gleichem Maße seiner Existenzsicherung. Denn insoweit fehlt es an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit). Dieser Gesichtspunkt würde in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren nicht zur Entscheidung anstehen, da es auf ihn nicht ankäme. Das LSG hatte ihn nur neben anderen zusätzlich angeführt (LSG-Urteil S 14 unten). Vor dem Hintergrund der sonstigen Rechtslage, wie diese sich nach der Rechtsprechung von BVerfG und BSG darstellt, ist nicht erkennbar, in welcher Hinsicht das Maß der Existenzsicherung ausschlaggebend sein könnte.

Unzulässig sind schließlich auch die Verfahrensrügen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), das LSG habe kein ausreichendes rechtliches Gehör gewährt und sei im Urteil auf zentrale Punkte seines Vorbringen nicht eingegangen.

Für den Vorhalt, ein Gericht habe ein Vorbringen unberücksichtigt gelassen, bestehen besondere Darlegungsanforderungen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung erwägt, auch wenn sich dies nicht ausdrücklich aus dem Urteil ergibt. Eine gegenteilige Annahme - und eine Pflicht des Gerichts, auf eine bestimmte Argumentation der Beteiligten ausdrücklich einzugehen - bedürfte greifbarer Anhaltspunkte, die der Beschwerdeführer aufzuzeigen hat (vgl dazu BSGE 88, 193, 204 = SozR 3-2500 § 79a Nr 1 S 13; BVerfGE 70, 288, 293; 79, 51, 61; 87, 1, 33; BVerfG ≪Kammer≫, NJW-RR 2002, 68, 69). Im Rahmen der bei Verfahrensrügen erforderlichen Darlegung, inwiefern das Berufungsurteil auf dem geltend gemachten Verstoß "beruhen" kann (s § 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG), muss der Beschwerdeführer bei einer Gehörsrüge zudem aufzeigen, dass sein vermeintlich unberücksichtigt gebliebenes Vorbringen bzw seine ergänzenden Ausführungen, die er bei Gewährung der vermissten Gelegenheit zur Stellungnahme zusätzlich vorgebracht hätte, zu einem anderen Urteilsspruch hätten führen können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts berechtigt gewesen sein kann, den Sachvortrag eines Beteiligten nicht zu verwerten (vgl dazu zB BVerfGE 79, 51, 62; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl 2001, Kap IX RdNr 204 aE mit Rspr-Angaben). Demgemäß muss er gegenüber einem Urteil, dem eine bestimmte materiell-rechtliche Rechtsauffassung zu Grunde liegt und das dementsprechend zulässigerweise nur das dafür relevante Vorbringen verwertet hat, darlegen, inwiefern sein vermeintlich unberücksichtigt gebliebenes Vorbringen bzw seine ergänzenden Ausführungen das LSG gemäß seiner Rechtsauffassung zu einem anderen Urteilsspruch hätten veranlassen können (vgl BSG, Beschlüsse vom 7. Juli 2000 - B 6 KA 78/99 B - und vom 22. Januar 2004 - B 6 KA 111/03 B -; s auch BSGE 69, 280, 284 = SozR 3-4100 § 128a Nr 5 S 35 mwN; ferner zB BSG, Beschluss vom 31. Mai 2000 - B 7 AL 42/99 B - mwN).

Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht. In ihr ist nicht dargelegt, inwiefern eine nähere Auseinandersetzung des LSG mit dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 17. März 2003 zu einem anderen Urteilsspruch hätte führen können. Dem Berufungsurteil liegt die Rechtsauffassung zu Grunde, die Berufstätigkeit als Hochschullehrer mit einer vollen Planstelle präge das Bild seiner beruflichen Tätigkeit und seines beruflichen Status. Die daraus folgende Versagung weiterer vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit sei mit Art 12 Abs 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Eine Übergangsregelung, die wenigstens vorübergehend die Weiterführung seiner vertragspsychotherapeutischen Nebentätigkeit gestatten würde, sei nicht erforderlich gewesen. Der Gesetzgeber habe sich, ohne dass dies zu beanstanden sei, dafür entschieden, nur die Übergangsregelungen der bedarfsunabhängigen Zulassung und Ermächtigung einzuführen. Das Fehlen einer weiteren Übergangsregelung speziell für Nebentätigkeits-Psychotherapeuten sei diesen zumal deshalb zuzumuten, weil bei ihnen nur die Nebentätigkeit betroffen sei, die nicht in gleicher Weise wie ihre Haupttätigkeit als Hochschullehrer ihrer Existenzsicherung diene. Von dieser Argumentation her ging die Auffassung des LSG also dahin, dass schematisch jede anderweitige Tätigkeit, die das Bild der beruflichen Tätigkeit und des beruflichen Status präge, die Zulassung zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung hindere. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, inwiefern das vom Kläger als unberücksichtigt bezeichnete Vorbringen zu einem anderen Urteilsspruch hätte führen können. Er hatte in dem von ihm angeführten Schriftsatz vom 17. Mai 2003 vorgetragen, Auswirkungen von seiner Zulassung seien unter Bedarfsplanungsgesichtspunkten nicht ersichtlich, im Gegenteil sprächen die Interessen der Allgemeinheit für seine Zulassung, da auf Grund der bei Psychotherapeuten verbreiteten Teilzeitpraxen der Bedarf trotz der rechnerischen Überversorgung nicht vollständig gedeckt sei. Für solche Abwägungsgesichtspunkte ist im Kontext des Berufungsurteils, das schematisch jede anderweitige Tätigkeit, die das Bild der beruflichen Tätigkeit und des beruflichen Status prägt, als Zulassungshindernis ansieht, kein Raum. Dementsprechend bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das LSG auf diesen Gesichtspunkt hätte ausdrücklich eingehen müssen. Damit gibt es keine ausreichende Grundlage für die Annahme, das LSG habe sein tatsächliches Vorbringen nicht vollständig zur Kenntnis genommen bzw bei seiner Entscheidung nicht erwogen. Dafür reichen die in der Beschwerdebegründung enthaltenen Ausführungen nicht aus (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen sind daher unzulässig.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1755842

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