Verfahrensgang

SG für das Saarland (Entscheidung vom 07.04.2021; Aktenzeichen S 25 SO 163/17)

LSG für das Saarland (Urteil vom 22.11.2022; Aktenzeichen L 11 SO 4/21)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 22. November 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

I

Im Streit steht die Übernahme von Beiträgen zur Alterssicherung einer Pflegeperson.

Der seit 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) - beziehende Kläger war seit August 2014 Pflegeperson seiner im Februar 2018 verstorbenen Mutter (M), die zusammen mit ihm in einem Haushalt gelebt und vom Beklagten seit Jahren laufend Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) sowie Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII bezogen hatte. M bat den Beklagten im Oktober 2015 um Meldung des Klägers als Pflegeperson bei der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung. Der Beklagte wertete dieses Schreiben als Antrag auf Übernahme der Beiträge zur Alterssicherung für den Kläger (§ 65 Abs 2 SGB XII aF, jetzt § 64f Abs 1 SGB XII), holte Auskünfte über den Versicherungsverlauf des Klägers ein und lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 2.2.2016; Widerspruchsbescheid vom 24.10.2017). Der Kläger habe keine angemessene Alterssicherung etwa in Form einer freiwilligen Rentenversicherung nachgewiesen. Außerdem sei nach der vom Kläger selbst vorgelegten Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Saarland, wonach er ab 2031 eine Altersrente in Höhe von rund 23 Euro/Monat zu erwarten habe, eine angemessene Alterssicherung durch eigene Ansprüche auch nicht zu erwarten. Die hiergegen erhobene Klage hat keinen Erfolg gehabt (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ≪SG≫ für das Saarland vom 7.4.2021; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ für das Saarland vom 22.11.2022). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung stehe nicht dem Kläger als Pflegeperson zu, sondern allein der pflegebedürftigen Person, also der mittlerweile verstorbenen M. Eine Vererblichkeit dieses Anspruchs komme nicht in Betracht; ebenso scheide eine Sonderrechtsnachfolge aus. Schließlich habe der Kläger nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch keinen Anspruch nach § 19 Abs 6 SGB XII. Die vom Kläger beantragte Beiladung des Rentenversicherungsträgers komme nicht in Betracht, denn weder habe eine Pflichtversicherung des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit der Pflege der M bestanden, da diese keine Leistungen der Pflegeversicherung bezogen habe, noch habe der Kläger einen Nachweis über eine entsprechende freiwillige Versicherung im streitgegenständlichen Zeitraum erbracht.

Der Kläger hat Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG); denn sie wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Das BSG hat bereits entschieden, dass der geltend gemachte Anspruch nicht der Pflegeperson selbst, sondern der hilfebedürftigen gepflegten Person zusteht und die Pflegeperson lediglich im Sinne eines Rechtsreflexes Nutznießer dieser gesetzlichen Regelung ist (BSG vom 2.2.2012 - B 8 SO 15/10 R - BSGE 110, 93 = SozR 4-3500 § 19 Nr 3, RdNr 14) und dass § 19 Abs 6 SGB XII, der einen speziellen Fall der Sonderrechtsnachfolge im Sinne einer cessio legis regelt, nicht die Erstattung von Beiträgen für eine angemessene Alterssicherung erfasst (BSG vom 2.2.2012 - B 8 SO 15/10 R - BSGE 110, 93 = SozR 4-3500 § 19 Nr 3, RdNr 16). Auch zur Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen liegt gefestigte Rechtsprechung des BSG vor (vgl etwa BSG vom 12.5.2017 - B 8 SO 14/16 R - BSGE 123, 171 = SozR 4-3500 § 66 Nr 1, RdNr 14; BSG vom 21.9.2017 - B 8 SO 4/16 R - SozR 4-3500 § 17 Nr 1 RdNr 12 f; BSG vom 23.7.2014 - B 8 SO 14/13 R - BSGE 116, 210 = SozR 4-3500 § 28 Nr 9, RdNr 12). Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig.

Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision schließlich zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Es ist nach Aktenlage nicht erkennbar, dass ein solcher Verfahrensmangel mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte, sodass auch aus diesem Grund die Gewährung von PKH ausscheidet. Ein Verfahrensfehler der unterlassenen echten notwendigen Beiladung des Rentenversicherungsträgers (§ 75 Abs 2 Alt 1 SGG) ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, wonach während der Zeit der Pflege der M weder eine Pflicht- noch eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hat, nicht erkennbar.

Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Bieresborn

Scholz

Luik

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15757851

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