Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19.12.1991; Aktenzeichen L 5 Ka 25/90)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Dezember 1991 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde, mit der die Zulassung der Revision wegen verschiedener Verfahrensmängel erstrebt wird, ist teils unzulässig, teils unbegründet.

Einen Verfahrensfehler, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫), haben die Kläger nicht schon dadurch iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG „bezeichnet”, daß sie geltend machen, das Landessozialgericht (LSG) habe entgegen § 227 Abs 1 und 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ihren Antrag auf Verlegung bzw Vertagung des anberaumten Termins unbeachtet gelassen und trotz Verhinderung ihres Prozeßbevollmächtigten in der Sache verhandelt und entschieden. Was den ersten Punkt anbelangt, übersieht die Beschwerde, daß das Berufungsgericht mit dem Erlaß des angefochtenen Urteils inzident – im Sinne der Ablehnung – auch über eine eventuelle Vertagung des Verhandlungstermins mit befunden hat. Eine ausdrückliche Entscheidung in einem gesonderten Beschlußverfahren schreibt das Gesetz nicht vor; daß und warum sie gleichwohl erforderlich gewesen sein sollte, ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

Mit dem Hinweis auf die Verhinderung ihres Bevollmächtigten machen die Kläger eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 Grundgesetz; § 62 SGG) geltend. Tatsachen, welche die Feststellung eines dahingehenden Verfahrensmangels ermöglichen, haben sie jedoch nicht dargelegt. Das Beschwerdevorbringen läßt außer acht, daß anderweitige Verpflichtungen eines Prozeßbevollmächtigten für sich alleine regelmäßig noch keinen erheblichen Grund iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO für eine Terminsverlegung abgeben. Andernfalls würde der Zweck dieser Vorschrift, das Verfahren zu straffen, vereitelt. Es ist in solchen Fällen Sache des bevollmächtigten Rechtsanwalts, ggf für eine Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt zu sorgen, soweit dies ohne Rechtsnachteile für den Mandanten möglich ist (BVerwGE 43, 288, 290). Ein Gericht ist unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nur verpflichtet, einen anberaumten Termin wegen Verhinderung eines Prozeßbevollmächtigten aufzuheben, wenn eine anderweitige Vertretung aus zwingenden Gründen nicht möglich erscheint, der Beteiligte also andernfalls das rechtliche Gehör in der mündlichen Verhandlung nicht finden könnte (vgl BSG SozR 1750 § 227 Nr 2). Die Kläger hätten daher aufzeigen müssen, warum es ihnen trotz der rechtzeitigen Ladung zweieinhalb Wochen vor dem Termin nicht möglich gewesen ist, für eine anderweitige Vertretung in der mündlichen Verhandlung Sorge zu tragen. Das ist nicht geschehen, so daß die Beschwerde auch insoweit mangels ausreichender Darlegung eines Zulassungsgrundes unzulässig ist.

Auch mit dem weiteren Vorbringen, das LSG habe seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde gelegt, zu denen sie sich nicht hätten äußern können, haben die Kläger eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügenden Weise dargetan. Bei der Rüge eines Verstoßes gegen §§ 62, 128 Abs 2 SGG gehört zur Bezeichnung der den Verfahrensmangel ergebenden Tatsachen auch die Angabe, welches Vorbringen verhindert worden ist und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; SozR 3-4100 § 128a Nr 5 S 35 mwN). Der Beschwerdebegründung ist jedoch nicht zu entnehmen, daß die Kläger, wenn ihnen der Schriftsatz der Beklagten vom 18. Dezember 1991 bekannt gewesen wäre, die darin enthaltenen, vom LSG im Urteil aufgegriffenen Angaben zur Aufnahmefähigkeit der Praxis Dres. H. … bestritten hätten. Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht seiner Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs nicht dadurch genügt hat, daß es den erst unmittelbar vor dem Termin eingegangenen Schriftsatz zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und den rechtzeitig und ordnungsgemäß geladenen Beteiligten damit Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben hat (vgl dazu BVerwG Buchholz 310 § 108 VwGO Nr 209 = NVwZ 1989, 1154; Buchholz 310 § 108 VwGO Nr 216; BFHE 126, 368).

Der Einwand, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang Erkenntnisse verwertet, die ihm von der Beklagten lediglich zur vertraulichen Kenntnisnahme zur Verfügung gestellt und den Prozeßbeteiligten nicht bekannt gegeben worden seien, reicht zur Begründung einer auf § 160 Abs 2 Nr 3 iVm §§ 62, 128 Abs 2 SGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht aus. Im Hinblick darauf, daß sich das angefochtene Urteil allein auf die allgemeinen Angaben in dem für alle Beteiligten bestimmten Schriftsatz der Beklagten vom 18. Dezember 1991 und nicht auf zusätzliche Erkenntnisse aus den in der Anlage beigefügten, als vertraulich gekennzeichneten Leistungsübersichten stützt, hätte dargelegt werden müssen, inwiefern es gleichwohl auf dem angegebenen Fehler „beruhen kann”.

Unbegründet ist die Beschwerde, soweit gerügt wird, das LSG habe das gegen den Senatsvorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit eingebrachte Ablehnungsgesuch zurückgewiesen, ohne die in § 44 Abs 3 ZPO vorgeschriebene dienstliche Äußerung zum Ablehnungsgrund einzuholen. Dabei kann unentschieden bleiben, ob das Fehlen einer dienstlichen Äußerung nicht von vornherein unschädlich ist, wenn diese – wie hier – zur weiteren Sachverhaltsklärung nichts beitragen kann, weil die für die Beurteilung notwendigen Tatsachen bereits unstreitig feststehen (so die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, Beschluß vom 30. September 1986 – VIII B 31/86 – in BFH/NV 1987, 308). Die Verfahrensrüge greift jedenfalls deshalb nicht durch, weil der Beschluß, mit dem das LSG das Ablehnungsgesuch eines Beteiligten für unbegründet erklärt, zu den gemäß § 202 SGG iVm § 548 ZPO unanfechtbaren Vorentscheidungen gehört, die einer formellen oder inhaltlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen sind und deren Beanstandung deshalb grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen kann (BSG SozR Nr 4 zu § 60 SGG; BVerwG Buchholz 310 § 54 VwGO Nr 32; Buchholz 310 § 132 VwGO Nr 305; Buchholz 11 Art 101 GG Nr 16).

Nicht stichhaltig ist schließlich der Einwand, das LSG sei dadurch, daß es auch die Honorarbegrenzungsmaßnahmen für das dritte und vierte Quartal 1989 sowie das erste und dritte Quartal 1990 zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht habe, über den gestellten Antrag hinausgegangen. Die Beschwerde übersieht, daß die während des Klage- bzw Berufungsverfahrens ergangenen Verwaltungsakte, mit denen der Honoraranspruch in derselben von den Klägern beanstandeten Weise wie im Ausgangsbescheid geregelt wird, analog § 96 Abs 1 iVm § 153 Abs 1 SGG kraft Gesetzes in den Prozeß einbezogen werden und nur dann nicht Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sind, wenn der Klageantrag ausdrücklich beschränkt wird. Eine solche Beschränkung ist aber nicht erfolgt.

Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 72, 148, 156 ff) die Vorschrift des § 193 Abs 4 SGG in der durch Art 15 Nr 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266) geänderten Fassung in Verfahren, in denen das Rechtsmittel vor dem 1. Januar 1993 eingelegt worden ist, nicht anzuwenden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174214

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