Verfahrensgang

LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 03.07.2023; Aktenzeichen L 7 AL 72/21)

SG Hannover (Entscheidung vom 22.06.2021; Aktenzeichen S 9 AL 120/19)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Juli 2023 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil als Zulassungsgrund weder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, noch eine grundsätzliche Bedeutung in der gebotenen Weise dargelegt oder bezeichnet wird (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

1. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN).

Die Beschwerde wird diesen Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Der Kläger, der sich in der Sache gegen eine Sperrzeit wendet und Alg begehrt, macht eine Verletzung der "Beweisermittlungspflicht" nach § 103 SGG geltend. Soweit er die unterbliebene Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin beanstandet, ist damit schon deshalb kein Verfahrensfehler schlüssig bezeichnet, weil das LSG nach seinem Vortrag die unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt hat, eine Beweisaufnahme mithin entbehrlich war (vgl dazu etwa BSG vom 7.6.2023 - B 1 KR 11/22 B - juris RdNr 17 mwN). Zwar rügt der Kläger darüber hinaus die Bewertung der unterstellten Tatsachen durch das LSG. Doch ist diese Gegenstand der richterlichen Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG, auf die eine Verfahrensrüge von vornherein nicht gestützt werden kann.

2. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht gerecht. Denn alle vom Kläger aufgeworfenen Fragen haben die Subsumtion der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls durch das LSG unter die Rechtsbegriffe "wichtiger Grund" und "besondere Härte" zum Gegenstand, also die Rechtsanwendung und nicht die Rechtsauslegung. Eine möglicherweise unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall vermag die Zulassung der Revision indessen nicht zu rechtfertigen (stRspr; vgl nur BSG vom 15.6.2022 - B 5 R 56/22 B - juris RdNr 6 mwN; Senatsbeschluss vom 2.3.2023 - B 11 AL 38/22 B - juris RdNr 3). Zudem wird auch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen unter Berücksichtigung der vorliegenden Rechtsprechung des BSG zu den genannten Rechtsbegriffen nicht hinreichend dargetan.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.

Söhngen

Burkiczak

B. Schmidt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16079221

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