Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 28.01.1998; Aktenzeichen L 3 U 1024/95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Januar 1998 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat den Beigeladenen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist die Beitragspflicht des Klägers als selbständiger Unternehmer gegenüber der Beklagten streitig (Aufnahmebescheid vom 22. November 1985, Bescheid vom 16. Dezember 1992 idF des Widerspruchsbescheides vom 15. April 1993; Urteile des Sozialgerichts vom 27. Juni 1995 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 28. Januar 1998). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger seit Aufnahme seiner Lasttransporttätigkeit im September 1984 als selbständiger Unternehmer tätig und im Rahmen der satzungsgemäßen Unternehmerpflichtversicherung der Beklagten ihr gegenüber beitragspflichtig sei.

Die Beschwerde des Klägers, mit der er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫), ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNn 177 und 179 mwN). Daran fehlt es der Beschwerdebegründung.

Zur Begründung der Grundsätzlichkeit einer Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39). Grundsätzlich nicht mehr klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich bereits beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13 und 65; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 65). Dies muß substantiiert vorgetragen werden (BSG SozR aaO). Will der Beschwerdeführer dementsprechend die grundsätzliche Bedeutung einer vom BSG bereits beantworteten Rechtsfrage geltend machen, so hat er zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache vorzutragen, ob und von welcher Seite der bisherigen Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen worden ist und welche Einwendungen gegen sie vorgebracht worden sind (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 sowie Beschluß des Senats vom 22. August 1996 – 2 BU 147/96 –). Dabei ist dies nicht lediglich zu behaupten, sondern es sind zumindest wesentliche Fundstellen aufzuzeigen, aus denen sich nicht nur ein vereinzelter Widerspruch ergibt (Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 185). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die vom Beschwerdeführer angeführte Rechtsfrage, ob § 543 der Reichsversicherungsordnung (RVO) eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung darstelle, ist durch das BSG und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in den vom Beschwerdeführer selbst angeführten Entscheidungen geklärt. In seinem Urteil vom 9. Dezember 1993 – 2 RU 49/92 – (SozR 3-2200 § 543 Nr 1) hat das BSG ausdrücklich entschieden, daß gegen die durch Satzungsrecht aufgrund des § 543 Abs 1 RVO begründete Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung auch der selbständigen Unternehmer und die damit verbundenen Beitragsverpflichtungen keine rechtlichen, insbesondere auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (s auch BSG Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 51/93 – Breithaupt 1987, 924, 926; BSG Beschluß vom 1. Februar 1985 – 9b BU 76/84 – HV-info 1985 Nr 20, S 58; BVerfG SozR 2200 § 543 Nr 6). Zu dieser, auch im Schrifttum vertretenen Auffassung (s ua Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 477f; Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, § 543 Anm 4b) hätte der Beschwerdeführer, wenn er eine Ausnahme davon geltend machen wollte, im einzelnen darlegen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig sei (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Dazu hätte der Beschwerdeführer sich schon deshalb gedrängt fühlen müssen, weil die angegriffene Regelung eine Bewährungszeit von fast einem Jahrhundert hat (s BSG Beschluß vom 1. Februar 1985 aaO). Dies hat der Beschwerdeführer in seiner ansonsten umfangreichen Begründung nicht beachtet.

Die vom Beschwerdeführer weiter gestellte Rechtsfrage: „Welches sind die ‚typusbildenden Merkmale’ für eine abhängige Beschäftigung bzw eine selbständige Tätigkeit im Bereich der Kleinspediteure mit eigenem Fahrzeug aber ohne eigene Arbeitnehmer?” kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen. Auch insoweit hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend dargelegt, daß die angestrebte Entscheidung über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung besitzt, von ihr also erwartet werden kann, daß sie in einer bisher noch nicht geschehenen, jedoch die Interessen der Allgemeinheit begründeten Weise das Recht oder die Rechtsanwendung fortentwickelt oder vereinheitlichen wird (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nrn 39 und 53 mwN). Der Beschwerdeführer stellt vielmehr in seiner Begründung selbst dar, daß das LSG bei der Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine Unternehmertätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung vorgelegen habe, verschiedene Merkmale berücksichtigt und diese gegeneinander abgewogen habe. Alle weiteren Ausführungen des LSG, die rechtlich im Rahmen der allgemeinen Abgrenzungskriterien liegen, betreffen die Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG durch das LSG im Einzelfall. Im Kern stellt der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen lediglich seine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG. Dies kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen, weil § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG es ausdrücklich ausschließt, die Nichtzulassungsbeschwerde auf Fehler der Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu stützen. Dieser Hinweis soll allerdings keinesfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit der freien richterlichen Beweiswürdigung durch das LSG andeuten.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175407

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