Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 10.05.1999)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Mai 1999 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) bzw höheres Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit ab 10. Oktober 1994, und zwar nach einem anfänglichen, regelmäßig zu dynamisierenden (= zu erhöhenden) Bemessungsentgelt von 1.160,00 DM.

Der 1946 geborene Kläger ist seit 1. Dezember 1983 arbeitslos oder stand im Leistungsbezug der Beklagten wegen von dieser geförderter Bildungsmaßnahmen. Die Beklagte bewilligte ihm für einen neuen Bewilligungszeitraum mit Wirkung ab 10. Oktober 1994 Alhi nach einem erzielbaren Verdienst und einen daraus resultierenden Bemessungsentgelt von 850,00 DM, nachdem sie der Alhi-Zahlung zuvor 990,00 DM zugrunde gelegt hatte; ab 10. Oktober 1995 dynamisierte sie dieses Bemessungsentgelt auf 870,00 DM (Bescheide vom 13. Oktober 1994; 24. Januar 1995; 30. Januar 1995; Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 1995; Bescheide vom 11. Oktober 1995, 6. November 1995, 13. und 31. Mai 1996). Uhg bewilligte sie für die Zeit vom 20. Mai bis 12. Juli 1996 nach einem Bemessungsentgelt von nur noch 830,00 DM (Bescheid vom 7. Juni 1996). Danach bewilligte sie Alhi ab 17. Juli 1996 nach einem Bemessungsentgelt von 810,00 DM, ab 1. Juli 1997 nach einem Bemessungsentgelt von 800,00 DM und ab 1. Juli 1998 nach einem Bemessungsentgelt von 790,00 DM.

Die Klage auf höhere Alhi und höheres Uhg blieb in beiden Instanzen erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 16. Mai 1997; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 10. Mai 1999). Allerdings hat die Beklagte im Berufungsverfahren ein vom Kläger angenommenes Teilanerkenntnis dahin abgegeben, daß für die Zeit vom 20. Mai bis 12. Juli 1996 Uhg nach einem Bemessungsentgelt von 870,00 DM (statt 830,00 DM), für die Zeit ab 17. Juli 1996 Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 870,00 DM (statt 810,00 DM), für die Zeit ab 28. Juli 1996 Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 850,00 DM (statt 810,00 DM), für die Zeit ab 5. Juli 1997 Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 830,00 DM (statt 800,00 DM) und für die Zeit ab 31. Juli 1998 Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 810,00 DM (statt 800,00 DM) gezahlt werde. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Herabsetzung der Alhi mit Wirkung ab 10. Oktober 1994 beruhe auf § 136 Abs 2b aF Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 112 Abs 7 AFG und sei insoweit ebenso Rechtens wie alle auf § 136 Abs 2b nF AFG iVm § 242v AFG bzw auf § 201 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – beruhenden Folgebescheide. Das SG habe aufgrund einer durchgeführten Beweisaufnahme die für den Kläger günstigste tarifliche Einstufung vorgenommen. Es (das LSG) habe sich nicht gedrängt gefühlt, den schriftsätzlich gestellten Beweisangeboten des Klägers nachzugehen.

Mit seiner Beschwerde macht der Kläger geltend, das LSG habe gegen die Amtsermittlungspflicht des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und die Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) verstoßen. Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 1997 habe er Beweis dafür angeboten, daß das Arbeitsamt (ArbA) eine Einstellung bei den Wirtschaftsbetrieben O. … (WBO) mit einer höheren als der vom SG angenommenen Vergütung vereitelt habe, indem es einer Einstellung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) nicht zugestimmt habe. Hierzu sollten Herr K. … und die Direktorin des ArbA O. … vernommen werden. Diesen Beweisantritt habe er mit Schriftsätzen vom 6. Februar und 20. Mai 1998 wiederholt. Das LSG habe das Übergehen des Beweisangebots in den Urteilsgründen damit begründet, er (der Kläger) könne für den vorliegenden Rechtsstreit nichts daraus herleiten, daß seine Einstellung im Rahmen einer ABM bei den WBO mangels Zustimmung der Beklagten nicht zustande gekommen sei. Das LSG habe das Ziel seines Beweisantrags verkannt. Ihm (dem Kläger) sei es nicht darum gegangen, aus der Vereitelung des Arbeitsverhältnisses irgendwelche Rechte herzuleiten; vielmehr habe er erkennbar nachweisen wollen, daß er eine Arbeitsstelle erhalten könne, die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entspreche und die nach BAT IV b bezahlt werde. Mit den bereits durchgeführten Beweiserhebungen sei nicht hinreichend geklärt, daß er allenfalls ein Bemessungsentgelt nach BAT VII erzielen könne. Das LSG habe außerdem seinen Antrag übergangen, die IHK und Arbeitgeberverbände zu befragen. Hierin liege auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es bestehe die Möglichkeit, daß die geltend gemachten Verfahrensfehler das Urteil beeinflußt hätten und daß das LSG ohne Verfahrensmangel zu günstigeren Ergebnissen gelangt wäre. Wäre der Zeuge K. … befragt worden, hätte dieser bestätigt, daß er (der Kläger) bei der erforderlichen Zustimmung der Beklagten zur ABM eingestellt worden wäre. Des weiteren hätte er bestätigt, daß er (der Kläger) Qualifikationen aufweise, die eine Einstellung mit einer Vergütung nach BAT IV b aussichtsreich erscheinen ließen. Das gleiche gelte für die unterlassene Befragung von IHK und Arbeitgeberverbänden.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

Macht ein Beschwerdeführer das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen kann, müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 24, 34 und 36). Darüber hinaus ist die Darlegung zu verlangen, daß und warum die Entscheidung des LSG – ausgehend von dessen Rechtsansicht – auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14 und 36), es sei denn, es würden absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß § 202 SGG iVm § 551 Zivilprozeßordnung der Einfluß auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird (BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8). Soweit der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gestützt wird, muß außerdem dargelegt werden, daß beim LSG ein Beweisantrag gestellt worden ist, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Bei den vom Kläger erhobenen Vorwürfen des Verstoßes gegen § 103 SGG und einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) handelt es sich nicht um absolute Revisionsgründe.

Soweit der Kläger eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das Übergehen von Beweisanträgen geltend macht, fehlt es schon an der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erforderlichen Darlegung, daß der Beweisantrag nicht nur in vorbereitenden Schriftsätzen enthalten ist, sondern von dem anwaltlich vertretenen Kläger auch aufrechterhalten und in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist (vgl: BSG, Beschluß vom 1. Dezember 1989 – 9 BV 46/89 –, unveröffentlicht; Beschluß vom 29. Januar 1990 – 5 BJ 361/89 –, unveröffentlicht; Beschluß vom 22. Juni 1993 – 2 BU 62/93 –, HVBG-INFO 1994, 281; Beschluß vom 11. Oktober 1994 – 2 BU 159/94 –, HVBG-INFO 1995, 943; Beschluß vom 26. August 1997 – 9 BVs 26/97 –, unveröffentlicht; Beschluß vom 14. Mai 1998 – B 2 U 280/97 B –, unveröffentlicht; Beschluß vom 6. Mai 1999 – B 8 KN 7/98 U B –, unveröffentlicht). Soweit der Kläger daneben eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend macht, kann dahinstehen, ob die Beschwerde hierauf bereits deshalb nicht gestützt werden kann, weil der Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegend letztlich damit begründet wird, daß eine beantragte Beweisaufnahme nicht durchgeführt worden ist (so BSG, Beschluß vom 28. Juli 1992 – 2 BU 37/92 –, HVBG-INFO 1993, 1406). Jedenfalls hätte der anwaltlich vertretene Kläger wie bei der Darlegung eines Verstoßes gegen § 103 SGG aufzeigen müssen, daß die Beweisanträge nicht allein in vorbereitenden Schriftsätzen gestellt, sondern auch in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten und protokolliert worden sind, bzw, daß er durch das Gericht gehindert worden ist, einen prozeßordnungsgemäßen Beweisantrag zu stellen (vgl: BSG, Beschluß vom 3. März 1999 – B 9 VJ 1/98 B –, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22).

Entspricht die Begründung der Beschwerde mithin nicht den gesetzlichen Anforderungen, muß die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 SGG – ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter – als unzulässig verworfen werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1175815

SozSi 2000, 361

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