Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 07.08.2017; Aktenzeichen L 1 AS 1173/17)

SG Mannheim (Entscheidung vom 06.02.2017; Aktenzeichen S 12 AS 3147/14)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 05.06.2020; Aktenzeichen 1 BvR 1634/18)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7. August 2017 - L 1 AS 1173/17 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Der Senat kann in der geschäftsplanmäßigen Besetzung entscheiden, denn die Rüge des Klägers wegen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 GG) durch Eintragung eines falschen Aktenzeichens (14. Senat statt 4. Senat) liegt deshalb nicht vor, weil nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG unter Abschn II (Zuordnungsregelungen), Ziff 2b unter dem Stichwort "Vorbefassung" geregelt ist, dass für den Fall, dass für ein Rechtsgebiet mehrere Senate zuständig sind und eine Sache bei einem der Senate noch anhängig ist, seine Zuständigkeit für diese und alle weiteren Anträge, Nichtzulassungsbeschwerden, Revisionen und Wiederaufnahmeverfahren begründet bleibt. So liegt der Fall hier, denn der Senat ist bereits mit weiteren Verfahren des Klägers, insbesondere auch mit dem Parallelverfahren B 14 AS 78/17 BH befasst.

Dem Kläger kann - ungeachtet der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - PKH nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die angestrebte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil des LSG erfolgreich zu begründen. Eine Erfolgsaussicht würde nur bestehen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Ein solcher Zulassungsgrund ist bei der im PKH-Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung unter Berücksichtigung des Akteninhalts nicht erkennbar. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Beschwerde nach § 160 SGG nicht zulässig.

Der Kläger begründet seinen Antrag auf PKH mit dem Gang verschiedener Verfahren seit dem 1.11.2013, in denen er einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend gemacht und den er unter Verkennung seiner speziellen Situation nicht bzw nicht in der beantragten Höhe erhalten habe. Diesbezüglich weise das Urteil des LSG Fehler und Unvollständigkeiten im Tatbestand auf. Außerdem rügt er die ungerechtfertigte Ablehnung seines Befangenheitsantrags gegen den Richter am LSG F. als unzulässig.

Hinsichtlich des geltend gemachten ernährungsbedingten Mehrbedarfs kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zu, denn es ist nicht ersichtlich, dass das Verfahren eine Rechtsfrage diesbezüglich aufwirft, die nicht bereits durch bestehende Rechtsprechung des BSG geklärt ist bzw beantwortet werden kann (vgl BSG vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15; BSG vom 20.2.2014 - B 14 AS 65/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 17 RdNr 19 mwN; BSG vom 20.1.2016 - B 14 AS 8/15 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 25). Auch dass eine Rechtsfrage erneut klärungsbedürftig geworden wäre, ist nicht zu erkennen. Es geht vielmehr nur um den konkreten Einzelfall.

Auch der Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) kommt nicht in Betracht. Die Divergenzrüge greift nur bei einer Abweichung der Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG. Dass das LSG in seiner Entscheidung in Abweichung von bestehender Rechtsprechung eigene, widersprechende Maßstäbe entwickelt hat, ist nicht erkennbar.

Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Weder ist ersichtlich, dass das LSG durch "Fehler und Unvollständigkeiten im Tatbestand" den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) verletzt hat, zumal sich die verlangten Einfügungen auf andere Beschlüsse bzw auf Einschätzungen seitens des Klägers beziehen; zum anderen ist kein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters durch Verwerfung des Befangenheitsgesuchs gegen den Richter am LSG F. als unzulässig und dessen Mitwirkung an dem vorliegenden Urteil erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass das LSG vorliegend die Grenzen einer zulässigen Selbstentscheidung über das Ablehnungsgesuch und anschließender Mitwirkung bei der mündlichen Verhandlung, die sich aus der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ergeben (vgl zu diesen Vorgaben letztens zB BVerfG ≪Kammer≫ vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14 - juris RdNr 15 ff; BSG vom 9.4.2014 - B 14 AS 363/13 B - juris; BSG vom 16.12.2015 - B 14 AS 191/15 B - juris) überschritten hat.

Auch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) wegen der vom Kläger beantragten Vertagung des Termins am 7.8.2017 sind nicht zu erkennen, weil die nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 227 ZPO erforderlichen erheblichen Gründe für eine Vertagung nicht zu erkennen sind.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11864776

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