Leitsatz

  1. Den Vermieter trifft die vertragliche Nebenpflicht, Störungen des Mieters sowie alle Maßnahmen zu unterlassen, die zu einer Gefährdung der Einrichtungsgegenstände des Mieters führen können.
  2. Aus dieser Fürsorgepflicht folgt u.a., dass der Vermieter die öffentlich-rechtlichen Brandschutzbestimmungen beachten muss.
  3. Beauftragt ein Vermieter einen Handwerker mit Reparaturen am Haus, so gilt dieser hinsichtlich der Erfüllung der Fürsorgepflicht als Erfüllungsgehilfe des Vermieters.

(Leitsätze der Redaktion)

Der Geschäftsversicherungsvertrag des Mieters, durch den er seine Geschäftseinrichtung und seinen Betriebsunterbrechungsschaden u.a. gegen Feuer versichert, kann nicht zugunsten des Vermieters, der einen Schaden an den versicherten Gegenständen durch leichte Fahrlässigkeit verursacht hat, ergänzend dahin ausgelegt werden, dass der Versicherer auf einen Regress gegen den Vermieter verzichtet.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 535; VVG § 86

 

Kommentar

Der Eigentümer eines in Konstanz gelegenen Gebäudes hatte einen Handwerksbetrieb mit der Sanierung des Flachdachs beauftragt. Die Handwerker lagerten die hierzu benötigten Styroporplatten am 18.1.2007 in der zum Gebäude gehörenden Tiefgarage. Diese Garage ist nach 3 Seiten offen und frei zugänglich; ihre Größe beträgt mehr als 100 qm. Über der Garage befinden sich Räumlichkeiten, die der Eigentümer an den Betreiber eines Fitness-Studios vermietet hatte. Am 20.1.2007 steckte ein unbekannter Täter die Styroporplatten in Brand. Durch den Brand wurden u.a. die Einrichtungsgegenstände des Fitness-Studios beschädigt. Der hierdurch entstandene Schaden von ca. 71.000 EUR wurde dem Mieter durch dessen Geschäftsversicherung (Versicherung der technischen und kaufmännischen Betriebseinrichtung) ersetzt. Die Versicherung nimmt nunmehr den Eigentümer auf Regress in Anspruch.

Die Entscheidung hängt von 2 Voraussetzungen ab:

  • Zum einen ist erforderlich, dass der Eigentümer und Vermieter gegenüber dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet ist (dazu unter "1. Haftung des Vermieters für den Brandschaden").
  • Zum anderen muss der Schadensersatzanspruch des Mieters auf dessen Versicherer übergegangen sein und der Versicherungsvertrag darf keinen Regressverzicht zugunsten des Vermieters enthalten (dazu unter "2. Übergang der Ansprüche des Mieters auf den Versicherer/Regressverzicht").

1. Haftung des Vermieters für den Brandschaden

  1. Fürsorgepflicht

    Den Vermieter trifft die vertragliche Nebenpflicht, Störungen des Mieters sowie alle Maßnahmen zu unterlassen, die zu einer Gefährdung der Einrichtungsgegenstände des Mieters führen können. Aus dieser Fürsorgepflicht folgt u.a., dass der Vermieter die öffentlich-rechtlichen Brandschutzbestimmungen beachten muss (Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 535 BGB Rdn. 306).

    Praxis-Beispiel

    GaragenVO Baden-Württemberg

    Für Mittel- und Großgaragen (dazu zählen Garagen mit einer Größe von mehr als 100 qm) regelt in Baden-Württemberg die Garagenverordnung (GaVO BW), dass dort keine brennbaren Stoffe aufbewahrt werden dürfen.

    Gegen diese Bestimmung haben die Handwerker schuldhaft verstoßen, indem sie die brennbaren Styroporplatten in der Garage gelagert haben.

  2. Handwerker als Erfüllungsgehilfe

    Beauftragt ein Vermieter einen Handwerker mit Reparaturen am Haus, überträgt er zugleich die mit der Ausführung des Auftrags verbundenen Fürsorgepflichten auf den Handwerker. Dieser gilt hinsichtlich der Erfüllung dieser Pflichten als Erfüllungsgehilfe des Vermieters. Für das Verschulden des Handwerkers muss der Vermieter gegenüber dem Mieter einstehen.

  3. Haftungsvoraussetzungen

    Die Haftung des Vermieters für den Schaden setzt weiter voraus,

    • dass zwischen der Pflichtwidrigkeit (der Lagerung der brennbaren Gegenstände in der Garage) und dem Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang besteht und
    • dass der Schaden vom Schutzzweck der verletzten Norm (der Brandschutzbestimmung) erfasst wird.

    Beides ist hier nicht zweifelhaft. Zum einen liegt die Gefahr einer Brandstiftung bei einer frei zugänglichen Garage nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit. Zum anderen dient die in der Garagenverordnung enthaltene Brandschutzbestimmung u.a. auch dem Schutz von Leben und Eigentum der Gebäudenutzer.

2. Übergang der Ansprüche des Mieters auf den Versicherer/Regressverzicht

Wird der Schaden vom Versicherer des Geschädigten beglichen, gehen dessen Ansprüche gegen den Schadensverursacher gem. § 86 VVG auf den Versicherer über. Ist ein Vermieter gegen die vom Mieter verursachten Schäden versichert (Gebäudeversicherung, Leitungswasserversicherung, Feuerversicherung etc.), so ist der Versicherungsvertrag nach ständiger Rechtsprechung des BGH allerdings dahin ergänzend auszulegen, dass ihm ein Regressverzicht des Versicherers für die Fälle zu entnehmen ist, in denen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (sog.versicherungsrechtliche Lösung; BGH, Urteil v. 8.11.2000, IV ZR 298/99, NJW 2001 S. 1353; v. 14.2.2001, VIII ZR 292/98, VersR 2001 S. 856; v. 12.12.2...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge