Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 19.05.2022, Az. 5 O 192/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Neuruppin sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bestimmt auf bis zu 45.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten - nach Widerruf durch die Kläger - über den Bestand eines Darlehensvertrages, den die Kläger mit der beklagten Bank im Januar 2011 geschlossen hatten.

Der Darlehensbetrag betrug 44.500 EUR bei einer Laufzeit von 12 Jahren und 11 Monaten und einer Rückzahlung von monatlich 520 EUR. Die Verzinsung wurde für die Zeit von neun Jahren und fünf Monaten auf 5,99 %, effektiv 6,16 %, festgelegt. Als Sicherheit diente eine bereits bestellte Grundschuld über 224.000 DM an ihrem Grundstück in ("Ort 01"), das mit dem von ihnen bewohnten Einfamilienhaus bebaut war. Das Darlehen diente als sogenanntes "Forward-Darlehen" der Umschuldung eines anderen Darlehens bei der Beklagten zum 25.06.2014 und wurde entsprechend ausgezahlt.

Die in dem Vertragsdokument enthaltene Widerrufsinformation hat folgenden Wortlaut:

"Widerrufsinformation

Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. Der Darlehensnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrags oder in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für den Darlehensnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und dem Darlehensnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben kann der Darlehensnehmer nachträglich in Textform informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Der Darlehensnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an

("Bank 01")

Postkorb KEBA

Telefax [...]

E-Mail [...]

("Adresse von Bank 01")

Widerrufsfolgen

Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung.

Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens für das Unterkonto Nr. 93 pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 7,40 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde.

Wenn der Darlehensnehmer nachweist, dass der Wert seiner Gebrauchsvorteile niedriger war als der Vertragszins, muss er nur den niedrigeren Betrag zahlen. Dies kann z.B. in Betracht kommen, wenn der marktübliche Zins geringer war als der Vertragszins."

Mit Schreiben vom 03.05.2021 widerriefen die Kläger ihre auf den Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärungen; hilfsweise erklärten sie die Kündigung des Darlehensvertrages. Ihre Klage ist auf die (negative) Feststellung gerichtet, aus dem Vertrag keine Zinszahlungen und Tilgungsleistungen zu schulden.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Widerrufsfrist habe wegen der in mehrfacher Hinsicht fehlerhaften Widerrufsinformation und wegen fehlender bzw. fehlerhafter Pflichtangaben nicht zu laufen begonnen. Die Verweisung auf die Pflichtangaben des § 492 Abs. 2 BGB (sog. "Kaskadenverweis") in der Widerrufsinformation sei nicht europarechtskonform. Überdies seien der effektive Jahreszins und die Ratenhöhe zu niedrig angegeben. Hilfsweise machen die Kläger geltend, gemäß § 494 Abs. 6 S. 1 BGB zur Kündigung des Darlehens berechtigt gewesen zu sein, da Angaben zur Laufzeit und zum Kündigungsrecht fehlen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass ihre Widerrufsinformation den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Die Verbraucherkreditrichtlinie finde gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. A) derselben auf grundpfandrechtlich gesicherte Kredite schon keine Anwendung, so dass die Rechtsprechung des EuGH zum Kaskadenverweis nicht anwendbar sei. Im Übrigen greife auch die Gesetzlichkeitsfiktion. Dem Vertrag ließen sich die Angaben zur Vertragslaufzeit entnehmen. Das Kündigung...

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