Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensbegriff in der Krankentagegeldversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 4 MBKT stellt eine sanktionslose Obliegenheitsverletzung dar.

Der Versicherte ist auch nach Treu und Glauben nicht gehindert, sich darauf zu berufen, dass der Versicherer das Krankentagegeld nur mit Wirkung für die Zukunft herabsetzen kann (§ 4 Abs. 4 MBKT), wenn er dem Versicherer auf Anfrage aus Anlass des Versicherungsfalles ein Einnkommen mitteilt, das sich aus seinem unbereinigten Nettoeinkommen (Ohne Berücksichtigung von Abschreibungen und Wertberichtigungen) ergab, sofern der Begriff des Nettoeinkommens im Versicherungsvertrag nicht ausdrücklich abweichend definiert ist.

Sofern die Vertragsbedingungen des Versicherers keine eindeutige Regelung enthalten, ist Nettoeinkommen des Versicherten jedenfalls das steuerliche Einkommen des Versicherten erhöht um die nicht liquiditätswirksamen Abzüge (Abschreibungen und Wertberichtigungen). Etwas anderes kann gelten, wenn sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, dass der Versicherte im massgeblichen Zeitraum nur von einer sich erhöhenden Verschuldung gelebt hat.

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 07.01.2004; Aktenzeichen 6 O 300/03)

 

Tenor

Das am 7.1.2004 verkündete Urteil des LG Potsdam wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil beschwert die Klägerin mit 20.427,59 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von gezahlten Krankentagegeld in Anspruch.

Der Beklagte war bei der Klägerin aufgrund eines Antrages vom März 1998 (Bl. 17, 18 d.A.) krankenversichert. Der Versicherungsschutz schloss auch die Zahlung eines Krankentagegeldes i.H.v. insgesamt 110 DM (45 DM + 65 DM) ein. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung zugrunde (Bl. 19 ff. d.A.).

Am 4.2.2000 erlitt der Beklagte auf Kuba einen Unfall und war ab dem 9.2.2000 über ein Jahr lang arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Klägerin leistete in diesem Zeitraum und zwar zunächst bis zum 3.4.2001 und dann für einen weiteren Zeitraum vom 11.5. bis zum 7.6.2001 insgesamt 24.457,65 Euro an Krankengeld.

Unmittelbar nach dem Beginn des Bezuges der Leistungen, am 18.2.2000, füllte der Beklagte eine Erklärung (Bl. 26 d.A.) aus. In der Erklärung gab er an, er leite einen Betrieb mit 5 Mitarbeitern und habe in den letzten 12 Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 4.500 DM erhalten.

Der Beklagte betrieb, jedenfalls seit 1996, als Einzelkaufmann ein eigenes Gewerbe mit Möbeltransporten, Montagen und einem Kurierdienst. Er beschäftigte mehrere Mitarbeiter.

Aus dieser Tätigkeit hatte er im Jahre 1996 einen zu versteuernden Gewinn i.H.v. 50.410 DM erzielt. Der Steuerbescheid des Beklagten für das Jahr 1999, erstellt unter dem 11.2.2002 (Bl. 33 d.A.) weist für das Jahr 1999 einen Verlust von 13.847 DM aus. Dem Steuerbescheid zugrunde liegt eine Gewinn- und Verlustrechnung vom November 2000 (Bl. 234, 235 d.A.), die als Ergebnis der Einnahmen-, Ausgabenüberschussberechnung unter Berücksichtigung von Abschreibungen i.H.v. 47.331,73 DM und Wertminderungen aus Anlageverkäufen i.H.v. 13.185,52 DM einen Verlust von 13.846,22 DM ausweist.

Die Betriebseinnahmen und -ausgaben wickelte der Beklagte im Jahr 1999 über ein Konto bei der Raiffeisenbank Belzig e. G. ab. Dieses wies zum 4.2.1999 einen Habensaldo von 49.946,24 DM und zum 29.12.1999 einen solchen von 43.144,07 DM aus.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe sie am 18.2.2000 unzutreffend über sein Einkommen informiert.

Das Einkommen i.S.d. § 4 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen sei das nach steuerrechtlichen Vorgaben ermittelte Einkommen. Hiernach habe der Beklagte im Jahr 1999 einen Verlust erwirtschaftet. Die ihr von dem Beklagten im Februar 2000 erteilte Information über sein Einkommen sei daher falsch gewesen. Bei richtiger Information hätte sie von ihrem Recht zur Vertragsanpassung aus § 4 Nr. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen Gebrauch gemacht und mit Wirkung ab dem 1.4.2000 den Versicherungsanspruch herabgesetzt. An den Beklagten hätte sie dann 20.427,59 DM weniger gezahlt.

Sie hat beantragt, den Beklagten entsprechend zur Rückzahlung zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, sein Einkommen sei im Jahre 1999 höher gewesen. Er habe aus seinem Betrieb in diesem Zeitraum erhebliche Privatentnahmen getätigt. Darüber hinaus habe er nach hohen Investitionen i.H.v. rd. 200.000 DM des Jahres 1997 im Jahre 1999 in erheblichem Umfang Abschreibungen gewinnmindernd in Abzug bringen können, ohne dass dies sein ihm zur Lebenshaltung zur Verfügung stehendes Einkommen geschmälert hätte.

Bereinige man sein Einkommen um diese nicht liquiditätsmindernden Verlustposten, so verbleibe ein Einkommen...

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