Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.07.2021; Aktenzeichen II ZR 206/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. September 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision des Klägers wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses in Anspruch, den er für eine harte Patronatserklärung hält, und streitet um die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.

Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft dänischen Rechts mit Sitz in Dänemark, betreibt in Deutschland einen Flughafen. Sie war Alleingesellschafterin der Flughafengesellschaft ... mbH, die die luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen eines anderen Flughafens innehatte. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschloss eine Einstandsverpflichtung für Verluste ihrer Tochtergesellschaft. In einem in N... und D... im Umlaufverfahren gefassten Beschluss vom 16./17. Januar 2014 bekräftigte sie (Anlage K 2):

"Die [Beklagte] steht weiterhin zum Gesellschafterbeschluss vom 14.02.2013, jegliche Verluste der Flughafengesellschaft ... mbH vorerst bis zum 31.12.2016 mittels Eigenkapital und/oder eigenkapitalähnlicher Instrumente auszugleichen."

Die Beklagte überließ ihrer Tochtergesellschaft die Beschlussurkunde.

Im Januar 2016 wurde auf Eigenantrag der Flughafengesellschaft ... mbH vorläufige Eigenverwaltung angeordnet und der Kläger zum Sachwalter bestellt. Um ihre luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen nicht zu verlieren, hatte die Schuldnerin ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegenüber der Luftaufsichtsbehörde nachzuweisen. Zu diesem Zweck legte sie den bezeichneten Beschluss der Behörde vor. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschloss im Februar 2016 in N... und D... im Umlaufverfahren (Anlage K 8):

"Zur Absicherung des Investorenprozesses und zur Beseitigung der unverändert anhaltenden Genehmigungsprozesse steht die [Beklagte] weiterhin zu den Gesellschafterbeschlüssen vom 14.02.2013 und 16./17.01.2014, jegliche Verluste der Flughafengesellschaft ... mbH jedoch vorerst bis 31.5.2016 mittels Eigenkapital und/oder eigenkapitalähnlicher Instrumente auszugleichen. Dies dient der Evaluierung der bestehenden Investorengespräche."

Diesen Beschluss legte die Beklagte der Luftaufsichtsbehörde vor.

Nach dem Ausweis von Fehlbeträgen im Jahresabschluss der Schuldnerin hielt der inzwischen zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger (Anlage K 16) einen Mindest-Ausstattungsanspruch von rund 780.000 Euro für erforderlich, um Forderungen aus Lieferungen, Leistungen, Arbeitsentgelt und Sozialversicherungsbeiträgen zu begleichen und dem Vorhalt der Luftaufsichtsbehörde zu entgehen, die Personal- und Sachausstattung sei unzureichend. Zahlung eines Teilbetrages von zunächst 100.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit hat der Kläger mit der Klage gefordert.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, deutsche Gerichte seien nicht zuständig. Sie sei in Kopenhagen zu verklagen. Sie hat ihre Beschlüsse für ungeeignet gehalten, ihre Haftung gegenüber der Schuldnerin zu begründen.

Das Landgericht hat die Klage für unzulässig gehalten und mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Von dem Grundsatz, die Beklagte sei im Staat ihres Sitzes zu verklagen, sei eine Ausnahme nicht gegeben. Der Erfüllungsort der fraglichen Verpflichtung aus einer harten Patronatserklärung liege, nach deutschem Recht beurteilt, am Sitz der Beklagten. Um einen gesellschaftsrechtlichen Anspruch gehe es nicht.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er hält deutsche Gerichte für zuständig. Ein vertraglicher Anspruch zwischen Gesellschaft (Schuldnerin) und Gesellschafter (Beklagter) sei am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen. Für Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis und für auf dem Insolvenzverfahren beruhende Klagen sei ebenfalls das Gericht am Gesellschaftssitz zuständig.

Der Kläger beantragt, indem er seine Klage erweitert,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 26.09.2019 - Geschäfts-Nr. 31 O 11/19 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 500.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2017 zu zahlen,

hilfsweise den Rechtsstreit an das international zuständige deutsche Gericht zu verweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit an das See- und Handelsgericht Kopenhagen, So-og Handelsretten, Amaliengade 35.2, DK-1256 København K, Denmark, zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klageerweiterung abzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urte...

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