Leitsatz (amtlich)

1. Die Aufforderung, sich zur Leistungsbereitschaft zu erklären, stellt keine Mahnung auf Unterhalt dar.

2. In der Übersendung der Klageschrift im Prozesskostenhilfeverfahren liegt eine konkludente Mahnung.

3. Im Falle des § 1615l Abs. 1 BGB haftet vorrangig der Vater des Kindes auf Unterhalt für die Mutter. Nachrangige Verwandte müssen jedoch nach § 1607 Abs. 2 BGB die Unterhaltslast übernehmen, wenn die Rechtsverfolgung gegen den Vater im Inland erheblich erschwert oder ausgeschlossen ist. Dieser Fall ist insb. dann gegeben, wenn bisher nicht festgestellt ist, wer Vater des Kindes ist.

 

Verfahrensgang

AG Schwedt (Urteil vom 15.02.2002; Aktenzeichen 4 F 290/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.2.2002 verkündete Urteil des AG Schwedt teilweise abgeändert und neu gefasst.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab Mai 2002 monatlichen Unterhalt von 176,01 Euro zu zahlen, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten werden der Klägerin zu 1/10, dem Beklagten zu 9/10 auferlegt. Die Kosten des Berufungsrechtszugs haben die Klägerin zu 2/5, der Beklagte zu 3/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Klägerin verlangt vom Beklagten, ihrem Vater, Unterhalt für die Zeit ab 18.10.2001. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung auf das Urteil des AG Bezug genommen. Ergänzend ist Folgendes festzustellen: Die Klägerin lebte bis Oktober 2002 im Haushalt ihrer Mutter und besuchte seit September 2001 einen berufsvorbereitenden Lehrgang beim U. Berufsbildungsverein. Durch Schreiben vom 1.10.2001 wies sie den Beklagten darauf hin, dass er „grundsätzlich zumindest den so genannten Mindestunterhalt zu zahlen” habe und forderte ihn auf, bis zum 15.10.2001 mitzuteilen, ob er den Unterhaltsanspruch anerkenne, zur Zahlung bereit sei und beim Jugendamt kostenfrei einen Titel errichten lasse.

In der Folgezeit wurde die Klägerin schwanger, das Kind sollte am 1.7.2002 geboren werden. Tatsächlich kam das Kind am 21.6.2002 zur Welt. Als mögliche Väter benannte die Klägerin M.W. und M.G. Ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft ist beim AG Schwedt (5 F 188/02) anhängig. Seit Beginn des Mutterschutzes erhält die Klägerin Sozialhilfe, seit der Entbindung auch Erziehungsgeld.

Durch Schriftsatz vom 17.10.2001, dem Beklagten im Prozesskostenhilfeverfahren am 6.11.2001 übersandt, hat die Klägerin das vorliegende Verfahren eingeleitet.

Durch das angefochtene Urteil hat das AG den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung monatlichen Unterhalts von 174,35 Euro für die Zeit vom 18.10. bis 31.12.2001 und 176,01 Euro ab 1.1.2002 verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt vor:

Die Klägerin habe ihn durch das Schreiben vom 1.10.2001 nicht in Verzug gesetzt.

Er sei nicht leistungsfähig. Er beziehe nämlich nur Arbeitslosengeld. Arbeitseinkommen sei ihm nicht zuzurechnen. Er habe trotz intensiver Bemühungen keine angemessene Stelle finden können. Geld für mehrere Zeitungen zur Arbeitsplatzsuche auf dem regionalen und überregionalen Arbeitsmarkt habe er nicht, ebenso wenig für Porto- und Kopierkosten, die sich bei zehn oder mehr schriftlichen Bewerbungen pro Woche ergäben.

Die Berufsausbildungsbeihilfe der Klägerin sei nicht um eine Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen zu kürzen.

Für die Zeit von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes sei dessen Vater vorrangig unterhaltspflichtig.

Nach Rücknahme der weiter gehenden Berufung, mit der er sich gegen die Verurteilung zur Unterhaltszahlung insgesamt gewendet hat, beantragt der Beklagte, die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen, soweit er für die Zeit vom 18.10.2001 bis zum 11.8.2002 zu Unterhaltszahlungen verurteilt worden sei.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Der Beklagte könne sich nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater ihres Kindes habe sie mangels Vaterschaftsfeststellung nicht. Ihre Ausbildungsbeihilfe sei um die vom AG angenommene Pauschale zu kürzen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Berufungsbegründung vom 19.6.2002 und den Schriftsatz des Beklagten vom 28.1.2003 sowie die Berufungserwiderung vom 6.1.2003 Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 28.1.2003 verwiesen.

Die Berufung des Beklagten, der sich nur noch gegen die Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt für die Zeit vom 18.10.2001 bis 11.8.2002 wendet, ist teilweise begründet. Vom 18.10.2001 bis einschließlich April 2002 muss der Beklagte der Klägerin keinen Unterhalt zahlen. In der Zeit danach bis 11.8.2002, ebenso wie für die von der Berufung nicht mehr angegriffene Zeit danach, hat die Klägerin einen Unterhalt...

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