Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Firmenfortführung durch Etablissementbezeichnung - "Stutenhaus"

 

Leitsatz (amtlich)

§ 25 I 1 HGB ist auf Geschäftsbezeichnungen nicht analog anzuwenden.

Neben dem Namen des Inhabers erlangt eine Geschäftsbezeichnung nicht ein so überragendes Gewicht, daß der Name als prägender Teil der Firma nicht mehr in Betracht käme.

Während das bloße Weglassen des Vornamens in der neuen Firma, die daneben den Gegenstand des Unternehmens unverändert bezeichnet, die Kontinuität des Unternehmens hervorheben kann, unterstreicht das Ersetzen eines Vornamens durch einen anderen nicht nur den Wechsel der Unternehmensträgers, sondern stellt auch die Kontinuität des Unternehmens in Frage.

 

Normenkette

HGB § 25 I 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 13 O 3/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. März 2019 abgeändert:

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Wedding vom 7. Dezember 2017 - 17-1067561-2-6 - wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch die Versäumnis der Beklagten veranlassten Kosten; diese Kosten trägt die Beklagte.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Eines Tatbestandes bedarf es nicht (§ 313 a I 1 ZPO).

II. Die Berufung ist begründet.

Die Bedenken der Klägerin gegen die Zulässigkeit des Einspruchs (§ 694 II 1 ZPO) der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid sind nicht berechtigt. (...)

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 8.244,67 Euro, die die Klägerin zuvor mit den als Anlagen K 4 bis K 13 (Bl. 102 ff.) vorgelegten Rechnungen für Steuerberaterleistungen von dem Ehemann der Klägerin, Herrn ..., verlangt hat, der unter der seinem Namen hinzugesetzten Bezeichnung "Hotel Stutenhaus" mit der Klägerin einen "Steuerberatungsvertrag" geschlossen hatte (Anlage K 3 = Bl. 100 f.).

Für diese von ihrem Ehemann als früherem Geschäftsinhaber vereinbarten Zahlungsverpflichtungen haftet die Beklagte nicht. Sie hat während ihrer Fortführung des Unternehmens die vor ihrer Übernahme der Geschäftsführung verwendete Firma nicht fortgeführt (§ 25 I 1 HGB).

Die Kontinuität des Unternehmens ist der tragende Grund für die Erstreckung der Haftung für früher im Betrieb des Unternehmens begründete Verbindlichkeiten des Vorgängers auf seinen Nachfolger. Diese Unternehmenskontinuität tritt nach außen in Erscheinung durch die Fortführung der Firma (BGH, ZIP 2001, 567, 568; 2004, 1103, 1104).

Die haftungsbegründende Unternehmenskontinuität ist in diesem Sinne sichtbar, wenn die unter dem bisherigen Geschäftsinhaber tatsächlich geführte und von dem Erwerber weitergeführte Firma eine derart prägende Kraft besitzt, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers eine Fortführung der bisherigen Firma sieht. Dazu muß der neue Inhaber die alte Firma nicht vollständig und buchstabengenau unverändert fortführen. Die Unternehmenskontinuität wird schon ausreichend sichtbar, um die Haftung zu rechtfertigen, wenn der prägende Teil der alten in der neuen Firma beibehalten ist und deswegen die mit dem jeweiligen Unternehmen in geschäftlichem Kontakt stehenden Kreise des Rechtsverkehrs die neue Firma noch mit der alten identifizieren (BGH, ZIP 2004, 1103, 1104).

Für die Sicht des maßgeblichen Verkehrs kommt es nicht auf die firmenrechtliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der alten oder der neuen oder beider Firmen an (BGH, ZIP 2001, 567, 568). Ob die hier fraglichen Bezeichnungen nach § 19 I Nr. 1 HGB als Firmen geführt werden durften, braucht deshalb nicht näher erörtert zu werden.

Die Fortführung der Bezeichnung "Berghotel und Restaurant 'Stutenhaus'" (vgl. Anlagen K 15, K 16 = Bl. 151 f.) oder von Teilen davon begründet die Haftung der Beklagten nicht. Die Fortführung allein einer Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung begründet die Haftung des neuen Inhabers nach § 25 I 1 HGB nicht. Geschäftsbezeichnungen in der Form der Etablissementbezeichnung sind gerade bei Hotels und Gaststätten seit jeher verbreitet. Der Rechtsverkehr versteht solche Namen regelmäßig als Bezeichnung eines bestimmten Geschäfts und nicht als Firma, die das Unternehmen kennzeichnet (BGH, ZIP 2014, 1329, Rdnr. 9). Geschäftsbezeichnungen von Hotels und Gaststätten unterscheiden sich von einer Firma dadurch, daß sie nicht auf den Inhaber des Unternehmens, sondern nur auf das Unternehmen hinweisen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 965 - Laterna).

Der Senat bleibt dabei, eine analoge Anwendung des § 25 I 1 HGB auf Geschäftsbezeichnungen abzulehnen (vgl. Senatsurt., NJW-RR 1999, 395 f. - Strandhotel Imperator). Eine Regelungslücke besteht nicht. Bei der umfassenden Neuregelung des Firmenrechts (§§ 17 ff. HGB) 1998 bestand die Gelegenheit, die bekannten Meinungsverschiedenheiten zu bereinigen, ob der Tatbestand § 25 I HGB den Grund der Haftung des Unternehmenserwerbers zutreffend und vollständig abbilde. Der Tatbestand ...

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