Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenvorsorgeunterhalt: Fortführung der privaten Krankenversicherung durch den Berechtigten. Anrechnung fiktiv ersparter Versicherungsbeiträge aus zurechenbarer nichtselbständiger Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte ist auch nach der Ehescheidung grundsätzlich zur Fortführung der privaten Krankenvollversicherung im Umfange des während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft gewährten Versicherungsschutzes berechtigt. Fiktiv ersparte Krankenversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer-/Arbeitgeberanteile) aus einer fiktiv zuzurechnenden nichtselbständigen Erwerbstätigkeit sind anzurechnen.

2. Einen Versicherungstarif mit Selbstbeteiligung muss der unterhaltsberechtigte Ehegatte in Kauf nehmen, soweit dies zu einer tatsächlichen Reduzierung der Krankenversicherungskosten führt; umgekehrt ist dann der andere Ehegatte verpflichtet, die entsprechende Selbstbeteiligung zu erstatten.

 

Normenkette

BGB § 1578 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 16 F 181/02)

 

Tenor

1. Das angefochtene Urteil wird zu Ziff. 3) des Tenors teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab dem 24.8.2007 einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 178,01 EUR als Elementarunterhalt, von monatlich 39,57 EUR als Altersvorsorgeunterhalt und von monatlich 365,56 EUR als Krankenvorsorgeunterhalt zu zahlen. Der Unterhaltsanspruch wird befristet bis zum 9.11.2012. Die weitergehende Klage der Antragsgegnerin wird abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufung des Antragstellers und die Anschlussberufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Antragsteller zu 23 % und die Antragsgegnerin zu 77 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Antragsteller zu 10 % und die Antragsgegnerin zu 90 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Berufungswert beträgt 68.782,62 EUR (Berufung des Antragstellers: 27.594,60 EUR;

Anschlussberufung der Antragsgegnerin: 16.975,26 EUR Ehescheidung, 8.967,36 EUR Versorgungsausgleich und 15.353,88 EUR nachehelicher Unterhalt).

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Ehescheidungsverbundverfahren. Die beiderseits in zweiter Ehe verheirateten Parteien haben miteinander am 11.12.1993 die Ehe geschlossen. Seit spätestens Juni 2001 leben die Parteien voneinander getrennt.

I. Ehescheidung

Der Antragsteller hat die Ehescheidung begehrt. Er lebt seit längerem in einer neuen Beziehung und beabsichtigt, erneut zu heiraten.

Der Antragsteller hat beantragt, die geschlossene Ehe der Parteien zu scheiden.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, zu entscheiden, was rechtens ist.

Die Antragsgegnerin hat sich der Ehescheidung widersetzt.

Mit dem am 4.5.2005 verkündeten Scheidungsverbundurteil hat das AG die Ehe der Parteien geschieden. Darüber hinaus hat das AG über die Folgesachen Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt entschieden und die Folgesache Zugewinnausgleich vom Verbund abgetrennt.

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen das angefochtene Urteil insgesamt. Sie hat zunächst weiterhin ihren Willen bekundet, nicht geschieden zu werden, bevor alle Folgesachen geklärt sind und darüber im Verbund entschieden wird.

Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückzuverweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil abzuändern und den Scheidungsantrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt, die Anschlussberufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Er will weiterhin geschieden werden.

Der Senat hat die Parteien in der mündlichen Verhandlung gem. § 613 ZPO angehört. Zuletzt hat sich die Antragsgegnerin der Ehescheidung nicht mehr widersetzt.

Die - vom Scheidungsverbund abgetrennte - Folgesache Zugewinn hat mit einem zwischen den Parteien am 22.6.2006 geschlossenen Prozessvergleich geendet (OLG Brandenburg, 9 UF 213/05). Im Rahmen dessen sind die Parteien übereinstimmend von einem Verkehrswert zum Endvermögensstichtag des Hauses in Lage von 280.000 EUR ausgegangen.

II. Folgesache Versorgungsausgleich

Der Scheidungsantrag ist der Antragsgegnerin am 21.6.2002 zugestellt worden. Während der Zeit vom 1.12.1993 bis 31.5.2002 hat der Antragsteller nichtangleichungsdynamische Anwartschaften auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei der Beteiligten zu 3. i.H.v. 1.501,66 EUR gemäß der Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 13.8.2002 erworben. Anwartschaften bei der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Antragsteller während dieser Zeit nicht erworben, da der letzte Beitrag im Juni 1991 gezahlt worden ist.

Die Antragsgegnerin hat nach Auskunft der Beteiligten zu 2. vom 30.9.2002 in dieser Zeit nichtangleichungsdynamische Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 7,10 EUR erworben.

Hinsichtlich der Folgesache Versorgungsausgleich haben die Parteien keine ausdrücklichen Anträge gestellt.

Mit dem am 4.5....

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