Entscheidungsstichwort (Thema)

Volljährigenunterhalt: Übergang auf Sozialhilfeträger

 

Leitsatz (amtlich)

Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Sozialhilfeträger: Schlüssige Darlegung eines zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs eines volljährigen behinderten Kindes als Voraussetzung des Anspruchsübergangs.

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzungen der Darlegung des Unterhaltsanspruchs des Hilfebedürftigen durch den Sozialhilfeträger, auf den der Unterhaltsanspruch übergegangen ist.

 

Normenkette

ZPO § 256; BGB § 1601; SGB XII § 94

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Urteil vom 30.04.2008; Aktenzeichen 53 F 51/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 30.4.2008 verkündete Urteil des AG Cottbus (53 F 51/06) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Kläger nicht verpflichtet sind, ab Januar 2006 an die Beklagte Unterhalt für ihre Tochter C.J. i.H.v. weiteren 20 EUR monatlich zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird sowohl für das Berufungsverfahren wie auch in Abänderung der amtsgerichtlichen Streitwertfestsetzung in der angegriffenen Entscheidung für das Verfahren I. Instanz auf 880 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger sind die Eltern der am 21.4.1970 geborenen C.J., die in einer Behinderten-Wohnstätte in P. lebt. Sie arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen und erhält für diese Tätigkeit ein geringes Einkommen i.H.v. etwas über 100 EUR netto monatlich. Darüber hinaus bezieht sie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. etwas über 200 EUR monatlich. Ferner werden ihr von der Beklagten als Sozialhilfeträgerin, die auch die Kosten der Heimunterbringung trägt, verschiedene Sozialleistungen gewährt.

Mit Rechtswahrungsanzeige vom 8.12.2004 hat die Beklagte die Unterhaltsansprüche von C.J. gegen die Kläger nach § 94 SGB XII auf sich übergeleitet und von den Eltern nach § 94 Abs. 2 SGB XII sowohl die Pauschale i.H.v. 26 EUR monatlich für Leistungen nach dem 6. und 7. Kapitel SGB XII wie auch von 20 EUR monatlich für Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII begehrt. Die erstgenannte Pauschale entrichten die Kläger regelmäßig, die weitergehende Forderung für Leistungen in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt stellen sie in Abrede. Mit Schreiben vom 9.2.2006 hat die Beklagte diese Forderung ab Januar 2006 bei den Klägern angemahnt.

Die Kläger haben behauptet, ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber ihrer behinderten, volljährigen Tochter in vollem Umfang zu genügen, in dem sie für die dieser gewährten Leistungen nach dem 6. und 7. Kapitel SGB XII (Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und Hilfe zur Pflege) die hierfür nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII vorgesehene Pauschale von 26 EUR monatlich zahlten. Für Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) bestehe angesichts der eigenen Einkünfte kein Bedarf der Tochter. Der an diese ausgekehrte weitere notwendige Lebensunterhalt nach § 35 Abs. 2 SGB XII (insbesondere für Kleidung und Taschengeld) sei durch die ihr gewährte Grundsicherung nach § 42 SGB XII und damit nach dem 4. Kapitel SGB XII abgedeckt.

Die Kläger haben beantragt, festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sind, [weiteren - Ergänzung durch den Senat] Unterhalt i.H.v. monatlich 20 EUR ab Januar 2006 an die Beklagte zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der von ihr nach § 35 Abs. 2 SGB XII geleistete Barunterhalt für C.J. sei weder von der Grundsicherung im Sinne des 4. Kapitels SGB XII noch durch das eigene Einkommen der Leistungsbezieherin abgedeckt.

Mit am 30.4.2008 verkündetem Urteil hat das AG - Familiengericht - Cottbus die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, da die Beklagte C.J. den Barbetrag als weiteren notwendigen Lebensunterhalt nach § 35 Abs. 2 SGB XII für ihre den Eingliederungshilfebedarf übersteigenden persönlichen Bedürfnisse gewähre, seien die unterhaltsverpflichteten Eltern zum Ausgleich beider Pauschalen des § 94 Abs. 2 SGB XII, also zur Zahlung von insgesamt 46 EUR monatlich, verpflichtet.

Gegen diese ihnen am 5.5.2008 zugestellte Entscheidung haben die Kläger mit Schriftsatz vom 2.6.2008 - eingegangen am selben Tage - Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 2.7.2008, eingegangen am Folgetag, begründet.

Sie vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und rügen insbesondere, dass das AG die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit der Tochter nicht hinreichend geprüft habe. Ein Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Sozialhilfeträger könne jedoch nur insoweit erfolgen, als ein zivilrechtlicher Bedarf zu bejahen sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Aus der beklagtenseits vorgelegten Berechnung für den Monat Januar 2006 ergäbe sich, dass die Einkünfte der Tochter nur mit rd. 30 EUR in Ansatz gebracht worden seien, obwohl tatsächlich ein höherer Betrag durch sie erwirtschaftet werde, mit dem sie den weiteren notwendigen Lebens...

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