Leitsatz (amtlich)

Auch wenn nach ständiger Rechtsprechung außerhalb geschlossener Ortschaften eine Räum- und Streupflicht grundsätzlich nur an besonders gefährlichen Stellen besteht, die Straße aber gleichwohl überobligatorisch beräumt wird, kann im Einzelfall eine solche besonders gefährliche Stelle erst gerade durch diese überobligatorischen Räum- und Steumaßnahmen geschaffen werden. Das kann etwa dann der Falle sein, wenn ein nur unzureichend einsehbares Teilstück einer überogligatorisch beräumten Landstraße für den Verkehrsteilnehmer unerwartet unberäumt bleibt.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 25.04.2003; Aktenzeichen 11 O 476/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.4.2003 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Frankfurt (Oder) (LG Frankfurt/O., Urt. v. 25.4.2003 - 11 O 476/02) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 1.676,15 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 16.4.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 3.352,76 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit seiner Klage macht der Kläger einen Anspruch wegen einer Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht durch das beklagte Land aufgrund eines Unfalles mit seinem Pkw auf einer festgefrorenen Eis- und Schneedecke auf der Landesstraße 338 zwischen Hönow und Neuenhagen geltend.

Der Kläger hat behauptet, sein Sohn, der Zeuge K.G., habe mit seinem, des Klägers, Pkw ..., amtliches Kennzeichen ..., am 26.12.2001 die Landesstraße 338 gegen 21.45 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 60-65 km/h befahren. Während die Straße zuvor schnee- und eisfrei gewesen sei, habe sich auf einem ca. 100 Meter langen Teilstück im Bereich einer Rechtskurve eine Schicht aus angefrorenen Eisschollen befunden, auf der der Pkw ins Schleudern geraten und von der Fahrbahn abgekommen sei.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das LG hat die Klage durch am 25.4.2003 verkündetes Urteil in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, an der fraglichen Stelle habe eine Streu- und Räumpflicht des beklagten Landes nicht bestanden. Eine solche bestehe außerhalb geschlossener Ortschaften nur an besonders gefährlichen Stellen. Um eine solche handele es sich bei der Unfallstelle nicht. Die Einlassung des Klägers, das fragliche Teilstück sei offenbar mutwillig bei der Beräumung ausgelassen worden, sei bereits wenig wahrscheinlich, da andere Ursachen für eine Entstehung der Glätte ursächlich sein könnten. Selbst wenn man aber unterstelle, das fragliche Teilstück sei beim Streu- und Räumvorgang ausgelassen worden, sei dies für einen sorgsam fahrenden Verkehrsteilnehmer erkennbar gewesen. Zumindest entfalle eine Haftung des beklagten Landes wegen eines Mitverschuldens des Kraftfahrers, hinter dem die Haftung des Straßenbaulastträgers zurücktrete.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seiner dortigen Ausführungen weiterverfolgt. Er rügt, das LG habe seinen Vortrag zur mangelnden Vorhersehbarkeit der Glätte auf dem fraglichen Teilstück und seine Beweisanträge übergangen. Ein diesbezüglicher Hinweis des LG sei nicht ergangen. Ferner enthalte das Urteil keine hinreichenden Ausführungen zu der Frage, weshalb der Vortrag zur mangelnden Räumung oder Abstreuung nur des fraglichen Teilstücks unerheblich sei. Ergänzend führt der Kläger aus, das Eis habe sich nicht erst nach den letzten Kontrollen durch den Straßenwinterdienst gebildet, sondern sei von diesem übersehen worden. Jedenfalls handele es sich um eine die Streupflicht auslösende gefährliche Straßenstelle. Wegen der örtlichen Verhältnisse habe kein Anlass zu besonders vorsichtigem Fahrverhalten bestanden. Zu Unrecht habe das LG auch ein überwiegendes Mitverschulden des Kraftfahrers angenommen. Im vorliegenden Fall sei die Gefahrenstelle für den Fahrer unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennbar gewesen. Den Bediensteten des beklagten Landes sei hingegen grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, da sie die Vereisung weder bei der Beräumung am 25.12.2001 noch bei einer Kontrolle aus der Gegenrichtung am 26.12.2001 wahrgenommen und beseitigt hätten.

Der Kläger beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 3.352,76 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 16.4.2002 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt, die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Es verteidigt das angefochtene Urteil mit näherer Darlegung. Das beklagte Land ist mit dem LG ...

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