Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 01.07.2020; Aktenzeichen 1 BvR 2838/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten und der Streithelferin wird das am 05.05.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 312/16, abgeändert und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 30.12.2016 abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten aller Instanzen einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin zu tragen, mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten entstandenen Kosten, die dem Beklagten auferlegt werden.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren im Wege des Schadensersatzes nach dem Staatshaftungsgesetz und Amtshaftungsgrundsätzen von dem beklagten Zweckverband die Erstattung von ihnen aufgrund eines Bescheides des Beklagten gezahlten Anschlussbeiträgen.

Sie sind Eigentümer des Grundstücks M... in B..., das bereits vor dem 01.01.2000 an die zentrale Trinkwasserversorgungsanlage angeschlossen war.

Die erste rechtswirksame Beitragssatzung datiert auf den 10.09.2009 oder 13.05.2014, die Rückwirkung auf den 01.09.2005 bzw. 01.01.2011 entfaltete.

Mit Bescheid vom 15.11.2011 setzte der Beklagte gegen die Kläger einen Herstellungsbeitrag für den Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage i.H.v. 1.321,96 EUR auf der Grundlage der Satzung vom 10.12.2009 fest. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 26.08.2014 zurück. Klage haben die Kläger nicht erhoben.

Die mit Schreiben vom 24.02.2016 beantragte Rückzahlung wies der Beklagte mit Bescheid vom 19.10.2016 zurück. Daraufhin meldeten die Kläger am 14.10.2016 Schadensersatzansprüche an.

Hinsichtlich des weitergehenden Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 05.05.2017 Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage unter Aufrechterhaltung eines Versäumnisurteils vom 30.12.2016 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, den Klägern stehe ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 StHG zu, der kein Verschulden voraussetze, da der von dem beklagten Zweckverband erlassene Bescheid mit Blick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 12.11.2015 (1 BvR 2961 und 1 BvR 3051/14) objektiv rechtswidrig gewesen sei und den Klägern nicht entgegengehalten werden könne, dass sie den Heranziehungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht angefochten hätten (§ 2 StHG). Auf die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts im Übrigen wird verwiesen.

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 11.05.2017 zugestellte Urteil hat der beklagte Zweckverband mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 17.05.2017 Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ebenfalls mit am selben Tag eingegangener Berufungsbegründungschrift vom 11.08.2017 begründet. Er ist unter Vertiefung rechtlicher Ausführungen der Ansicht, das landgerichtliche Urteil sei rechtlich fehlerhaft, den Klägern stehe ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 StHG nicht zu. Bereits der Anwendungsbereich des Staatshaftungsgesetzes sei nicht eröffnet. Zudem unterfielen die in Rede stehenden Schadenspositionen nicht dem Schutzzweck der Norm. Auch § 79 BVerfGG stehe der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches entgegen. Ein Schadensersatzanspruch der Kläger scheitere zudem an den Ausschlussregelungen der §§ 2 S. 2, 3 Abs. 3 StHG sowie am Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens und sei überdies verjährt. Nur vorsorglich werde der geltend gemachte Schaden auch der Höhe nach bestritten. Die Kläger hätten hier eine Differenzbetrachtung anstellen müssen, da ihnen durch den Anschluss auch Vorteile entstanden seien. Zum einen sei ihr Grundstück im Wert gestiegen. Zum anderen sei im Nachgang zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts eine Beitragssatzung erlassen worden, wonach für Grundstücke, für die ein Herstellungsbetrag nicht veranschlagt oder bezahlt worden sei, ein höherer Trinkwasserbeitragssatz veranlagt werde (1,2 519 EUR/cbm brutto statt 0,9 951 EUR/cbm). Würden die Kläger den von ihnen gezahlten Beitrag erstattet erhalten, müssten sie infolge der Satzungsänderung über einen mehrjährigen Zeitraum, nämlich für die Dauer des kalkulatorischen Auflösungszeitraums der Herstellungsbeiträge, den vorgenannten Gebührenzuschlag zahlen. Schließlich beanstandet der beklagte Zweckverband Grund und Höhe der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die ausgeurteilten Zinsen.

Das Land als Streithelfer der Beklagten hat ebenfalls Berufung gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 09.05.2017 zugestellte Urteil eingelegt und zwar mit am 19.05.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz, die es mit Schriftsatz vom 07.07.2017 begründet hat. Es macht ebenfalls geltend, das Urteil sei rechtlich fehlerhaft, und führt unter Vertiefung seiner rechtlichen Ausführungen im Wesentlichen die seitens des beklagten Zweckverbandes geltend gemachten Argumente an. Darüber hinau...

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