Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG.

2. Das den Entgeltanspruch des Eigentümers nach § 118 Abs. 1 SachenRBerG ausschließende Einverständnis des Eigentümers mit der Mitbenutzung i.S.v. § 118 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG erfordert im Hinblick auf die damit verbundene wirtschaftliche Bedeutung und Tragweite ein ausdrückliches Einverständnis des Eigentümers des belasteten Grundstücks mit der dauernden unentgeltlichen Mitbenutzung seines Grundstücks. Jedenfalls muss ein Einverständnis mit einer dauernden unentgeltlichen Nutzung eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sein.

 

Normenkette

SachenRBerG § 116 Abs. 1, § 118 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 15.02.2008; Aktenzeichen 10 O 297/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.01.2010; Aktenzeichen V ZR 127/09)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Klägerinnen und der Beklagten wird das am 15.2.2008 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Potsdam - 10 O 297/05 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, zu Lasten des Flurstücks 90 der Flur 5 der Gemarkung ... eine Grunddienstbarkeit zu bewilligen, wonach dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 der Gemarkung ... das Recht zusteht, den auf dem belasteten Grundstück (Flurstück 90) befindlichen, etwa 3 m breiten und etwa 15 m langen, mit Kopfsteinpflaster befestigten Weg (verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich) als Zugang und Zufahrt zum Flurstück 20/2 (Verbindungsweg zur öffentlichen Straße) zu nutzen (Wege- und Überfahrtsrecht), Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages i.H.v. 15.000 EUR.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben, wobei etwa entstandene Mehrkosten im Zusammenhang mit der Anrufung des sachlich unzuständigen AG Brandenburg an der Havel die Klägerinnen allein zu tragen haben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen begehren von der Beklagten auf Grundlage von § 116 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG) die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit (Wege- und Überfahrtsrecht).

Die Klägerinnen sind Eigentümer des 3.022 m2 großen Flurstücks 20/2 der Flur 5 der Gemarkung ... mit der postalischen Anschrift ...-Straße 3. Hierbei handelt es sich um ein Hinterliegergrundstück, das an seiner östlichen Seite an den ... Stadtkanal (Gewässer) und an seiner westlichen Seite überwiegend an die denkmalgeschützte alte Stadtmauer der Stadt ... grenzt und über keinen eigenen Zugang zum öffentlichen Straßenland verfügt. Das Flurstück 20/2 ist mit einem Wirtschaftsgebäude, einem Schuppen sowie einer größeren Zahl von Garagen bebaut, die in den 1970er Jahren errichtet wurden. Die Zuwegung zum Flurstück 20/2 erfolgt von der ...-Straße her über einen befestigten Weg auf dem 215 m2 großen Flurstück 90 der Flur 5, das sich im Eigentum der Beklagten befindet.

Das Flurstück 90 geht auf das 227 m2 große frühere Flurstück 20/1 der Flur 5 zurück. Dieses stand gemeinsam mit dem Flurstück 20/2 im (Mit-)Eigentum des Vaters der Klägerinnen, W. W... Auf dem Flurstück 20/1 befand sich ein Wohngebäude, das durch Einwirkungen des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde. Auf dem Flurstück 20/2 betrieb W. W... ein Fuhrgeschäft. Im Zuge der Unternehmungen zum Wiederaufbau der durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten Wohngebäude an der ...-Straße (damals: F. straße) trat die Stadt ... im Jahre 1956 an W. W... mit dem Begehren heran, das Flurstück 20/1 (damals ein Ruinengrundstück) als Grünfläche für die geplante Wohnanlage in Anspruch zu nehmen. Im Jahre 1963 wurde das Flurstück 20/1 gegen eine Entschädigungszahlung von 5.790 M nach dem Aufbaugesetz der DDR zugunsten des Rates der Stadt ... in Anspruch genommen und in Volkseigentum überführt. Im Zusammenhang mit der Errichtung der Wohnanlage wurde das Flurstück 20/1 gemeinsam mit anderen Flurstücken zum Flurstück 30/1 vereinigt. In jüngster Zeit wurde im Wege der Teilung des Flurstücks 30/1 das Flurstück 90 gebildet. Die Fläche des heutigen Flurstücks 90 diente seit 1963 als Grünfläche für den Wohnungsneubaukomplex. Auf dieser Grünfläche wurde ein mit Kopfsteinpflaster befestigter, etwa 3 m breiter und etwa 15 m langer Weg angelegt, der als Zufahrt und Zugang zum Flurstück 20/2 von der ...-Straße (ehedem: F. straße) her dient und benutzt wird.

Nach der Herstellung der deutschen Einheit bemühte sich der Vater der Klägerinnen erfolglos um die Rückübereignung des heutigen Flurstücks 90 im Wege der Restitution nach dem Vermögensgesetz (ablehnender - bestandskräftiger - Widerspruchsbescheid des LARoV vom 18.2.1998). Versuche der Parteien, vorgerichtlich eine einvernehmliche Regelung in Bezug auf das jetzige Flurstück 90 zu erreichen, blieben ohne Erfolg. Die Klägerinnen bieten das Flurstück 20/2 seit dem Jahre 2005 über die Maklerfirma M. für einen Preis von 350.000 EUR zum Verkauf an....

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