Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 04.10.2019 - Az. 6 O 65/16 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.623,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.284 EUR ab dem 01.06.2016 bis zum 10.12.2020 und aus 3.623,54 EUR seit dem 11.12.2020 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den minderjährigen Sohn der Klägerin, Herrn K... S..., ...straße 17, ... W..., 250,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.07.2019 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die vorgerichtliche Geschäftsgebühr in Höhe von 492,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz haben die Klägerin zu 25 % und die Beklagte zu 75 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus eigenem sowie abgetretenem Recht Schadensersatz- sowie Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung (VO (EG) 261/2004) - letztere sind allein Gegenstand des Berufungsverfahrens - in Zusammenhang mit für Mai 2015 gebuchten Flügen geltend.

Die Klägerin buchte am 22.01.2015 für sich und weitere 5 Mitreisende bei der beklagten Fluggesellschaft Flüge nach Rom. Der Hinflug mit der Flugnummer (1...) sollte am 10.05.2015 um XX:XX Uhr von Berlin-Schönefeld nach Rom-Fiumicino, der Rückflug mit der Flugnummer (2...) am 16.05.2021 um XX:XX Uhr von Rom-Fiumicino starten.

Am Morgen des 07.05.2015 brach im Terminal 3 des Flughafens Rom-Fiumicino ein Brand aus, der erst im Lauf des Nachmittags gelöscht werden konnte. Die italienische Luftsicherheitsbehörde und der Flughafenbetreiber für Rom-Fiumicino gaben mit Gültigkeit vom 08.05.2015 22.00 Uhr bis 11.05.2015 XX:XX Uhr eine Notam-Meldung (Abk. f. Notice to Airmen) heraus:

"Aerodrome Capacity reduced to 60 per cent [...]. Each aircraft operator shall cancel 40 per cent of fpl." (B1, Bl. 59 f.)

Die Klägerin und die Mitreisenden begaben sich zum Abflug am 10.05.2015 zum Flughafen Berlin-Schönefeld. Dort wurde ihnen mitgeteilt, dass der Flug (1...) gestrichen worden sei; ein anderer von der Beklagten durchgeführter Flug mit der Nummer (3...) von Berlin-Schönefeld nach Rom-Fiumicino fand dagegen am 10.05.2015 statt.

Die Klägerin buchte daraufhin am 10.05.2015 bei anderen Fluggesellschaften Hinflüge nach Rom für den 11.05.2015 sowie Rückflüge aus Rom für den 16.05.2015, nachdem sie sowohl von einer Mitarbeiterin des Flughafens Berlin-Tegel die Auskunft erhalten hatte, auch der Rückflug (2...) finde nicht statt, als auch durch Aufrufen des Online-Check-In der Beklagten hatte feststellen müssen, dass der Rückflug (2...) am 16.05.2015 dort mit "Flug wurde gestrichen" gekennzeichnet war. Tatsächlich führte die Beklagte den Rückflug (2...) am 16.05.2015 durch.

Die Klägerin hat aus eigenem und aus abgetretenem Recht der Mitreisenden Schadensersatz für Ersatzflüge, Taxifahrt, sowie Hotel- und Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 3.034 EUR gefordert. Darüber hinaus macht sie Ausgleichszahlungen nach Art. 7 lit. b) i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. c) VO (EG) 261/2004 in Höhe von jeweils 250 EUR pro Strecke und Person, mithin von insgesamt 3.000 EUR, geltend. Im Hinblick auf ihren minderjährigen Sohn K... S...l hat sie beantragt, die ihm zustehende Ausgleichszahlung von insgesamt 500 EUR unmittelbar an ihn zu zahlen.

Die Klägerin hat bestritten, dass die Beklagte gerade den (Hin)flug (1...) habe annullieren müssen. Jedenfalls hätte sie zumutbare Maßnahmen treffen können, eine Annullierung zu verhindern bzw. die Nichtbeförderung der auf diesen Flug gebuchten Fluggäste zu vermeiden, zumal die Beklagte über dauerhafte und immer wiederkehrende Einschränkungen des Flugbetriebes am Flughafen Rom-Fiumicino längst Bescheid gewusst habe und die Notwendigkeit der Flugreduktion für sie deshalb keineswegs unvorhersehbar gewesen sei. Die Beklagte hätte insbesondere die Klägerin und ihre Mitreisenden auf den durchgeführten Flug (3...) oder auf Flüge anderer Fluggesellschaften, die - unstreitig - am 10.05.2015 stattgefunden hätten, umbuchen oder den Flug (3...) mit einem größeren als dem ursprünglich vorgesehenen Fluggerät durchführen können. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe ihr und ihren Mitreisenden keine anderweitige Beförderung angeboten. Sie hat die Auffassung vertreten, hinsichtlich des Rückfluges liege eine Beförderungsverweigerung im Sinne der VO (EG) 261/2004 vor.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Hinflug am 10.05.2015 habe infolge außergewöhnlicher und unvermeidbarer Umstände im Sinne von Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 annulliert werden müssen. Sie hat behauptet, sie hätte keine zumutbaren Maßnahmen treffen können, um d...

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