Verfahrensgang

LG Cottbus (Aktenzeichen 2 O 398/19)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 6. August 2020 - 2 O 398/19 - abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.690,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2019 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.474,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2019 zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 39.960,00 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz vor dem Hintergrund des sogenannten VW-Abgasskandals in Anspruch.

Er erwarb am 22. September 2011 ein Neufahrzeug Škoda Superb, das mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet war, zu einem Kaufpreis in Höhe von 34.768,00 EUR. Die Steuerungssoftware dieses Dieselmotors verfügt über zwei Betriebsmodi zur Abgasrückführung. Beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) wird automatisch ein Modus mit einer höheren Abgasrückführung aktiviert, wodurch die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden; unter realen Bedingungen im Straßenverkehr wird jedoch ein anderer Betriebsmodus aktiviert, der bei einer geringeren Abgasrückführung zu einem deutlich höheren Stickoxidausstoß führt.

Am 22. September 2015 veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung, mit der sie darauf hinwies, dass nach internen Prüfungen weltweit rund 11 Millionen Fahrzeuge mit Dieselmotoren des Typs EA 189 Auffälligkeiten in Bezug auf den Stickoxidausstoß aufwiesen.

In der Folge erachtete das Kraftfahrtbundesamt die verwendete Software als eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der VO (EU) Nr. 715/2007 und ordnete am 15. Oktober 2015 den Rückruf von 2,4 Millionen VW-Fahrzeugen an, um diese in einen verordnungskonformen Zustand versetzen zu lassen; hierzu erteilte es einem von der Beklagten entwickelten Software-Update die Freigabe.

Nachdem dieses Software-Update bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug durchgeführt worden war, veräußerte der Kläger das Fahrzeug am 2. Juli 2018 mit einem Kilometerstand von 212.677 zu einem Kaufpreis in Höhe von 3.500,00 EUR.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2019 forderte der Kläger die Beklagte zur Anerkennung nicht näher bezifferter Schadensersatzansprüche auf, wobei er neben anderen Varianten zum Ausgleich des ihm entstandenen Schadens auch Ausführungen zu einer möglichen Rückabwicklung des Kaufvertrags unter Rückgabe des Fahrzeugs machte.

Der Kläger war in der Zeit vom 2. September 2019 bis zum 26. September 2019 zum Register der am Oberlandesgericht Braunschweig anhängigen Musterfeststellungsklage angemeldet. Mit der am 16. Oktober 2019 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 12. Dezember 2019 zugestellten Individualklage verfolgt er seine Ansprüche weiter.

Der Kläger behauptet, erst im Jahr 2016 erfahren zu haben, dass sein Fahrzeug von der Abgasproblematik betroffen gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatz in Höhe von mindestens 25 % des Kaufpreises des Fahrzeugs (8.692,00 EUR) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

hilfsweise,

an ihn 31.268,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung zu zahlen.

2. an ihn Zinsen in Höhe von 4 % aus 34.768,00 EUR seit dem 22. September 2011 bis zum Beginn der Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. ihm entstandene Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.256,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hat die Klage mit Blick auf eine Verjährung der geltend gemachten Ansprüche abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Verjährung der klägerischen Ansprüche am 31. Dezember 2018 eingetreten sei. Die spätere Anmeldung der Ansprüche zur Musterfeststellungsklage sei rechtsmissbräuchlich erfolgt und habe daher nicht zu einer Hemmung der Verjährung geführt.

Dagegen wendet sich di...

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