Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung des Unterhaltsanspruchs

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch nach einer Ehedauer von 24 Jahren können falsche Angaben zu eigenen Erwerbseinkünften zu einer vollständigen Verwirkung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt führen.

 

Normenkette

BGB §§ 313, 1579 Nr. 3, § 1580

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Urteil vom 14.05.2008; Aktenzeichen 22 F 2/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.5.2008 verkündete Urteil des AG Bad Liebenwerda (22 F 2/08) abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kläger in Abänderung des am 26.5.2005 vor dem erkennenden Senat im Verfahren zu dem Az: 9 UF 8/05 geschlossenen Vergleichs der Beklagten seit Oktober 2007 keinen Geschiedenenunterhalt mehr schuldet.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird sowohl für das Berufungsverfahren wie auch in Abänderung der amtsgerichtlichen Streitwertfestsetzung in der angegriffenen Entscheidung für das Verfahren 1. Instanz auf 8.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien haben 1965 geheiratet und sich im Jahre 1987 getrennt. Diese Ehe, aus der zwei volljährige und wirtschaftlich unabhängige Kinder hervorgegangen sind, wurde mit am 18.10.1989 verkündetem Urteil des AG St. Ingbert, rechtskräftig seit dem 29.8.1990, geschieden. In Ziff. 3. des Scheidungsurteils wurde der Kläger gleichzeitig verurteilt, an die Beklagte Elementarunterhalt, Altersvorsorgeunterhalt und Krankenvorsorgeunterhalt, insgesamt 838,31 DM nachehelichen Unterhalt, zu zahlen. Bei der Ermittlung dieses Unterhalts wurden auf Seiten der Frau 792,85 DM netto an Erwerbseinkommen aus einer Teilzeittätigkeit berücksichtigt. Die gegen den Unterhaltsausspruch im Scheidungsurteil gerichtete Berufung der Beklagten endete am 29.8.1990 vor dem OLG Saarbrücken mit einem Vergleich, in dem sich der Mann zur Zahlung von 749,22 DM Elementarunterhalt, 125 DM Krankenvorsorgeunterhalt und 195,65 DM Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.070 DM, verpflichtete. Außerdem vereinbarten die Parteien ausdrücklich eine Unterhaltsneuberechnung bei Wegfall der Unterhaltsverpflichtung des Mannes für die Tochter bzw. von in die Unterhaltsberechnung eingeflossenen Kreditverpflichtungen.

Bereits zwei Jahre später erhob die Beklagte des vorliegenden Verfahrens nun vor dem AG Saarbrücken (41 F 360/92) erstmals eine Abänderungsklage. Im Rahmen dieses Verfahrens erklärte die geschiedene Ehefrau, sie sei trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die ihr keine Vollzeittätigkeit erlaubten, auf selbständiger Basis bei der Firma R. B. als Propagandistin erwerbstätig und habe im Jahre 1991 durchschnittlich 650 DM brutto, im ersten Halbjahr 1992 520 DM brutto monatlich verdient. Das AG Saarbrücken veranlasste die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Erwerbsfähigkeit der geschiedenen Ehefrau, das zu dem Ergebnis gelangte, leichte körperliche Arbeiten seien ihr ganztags zumutbar. Vor diesem Hintergrund verurteilte das AG Saarbrücken mit am 11.8.1993 verkündetem Urteil den geschiedenen Ehemann in Abänderung des vorgenannten Vergleichs zu geringfügig erhöhtem nachehelichen Unterhalt von insgesamt 1.213 DM monatlich. Im Rahmen dieser Entscheidung wurde auf Seiten der Frau ein fiktives Einkommen i.H.v. 1.200 DM netto, das sie beispielsweise als Verkäuferin, Wirtschafterin oder auch Reinigungskraft erzielen konnte, berücksichtigt. Gegen diese Entscheidung legten beide Parteien Berufung ein. Die Beklagte des vorliegenden Verfahrens belegte ihr tatsächliches Einkommen für das Kalenderjahr 1993 bei R. M. mit 7.150 DM brutto; ihr Nettoeinkommen gab sie mit "höchstens 400 DM monatlich" an. Im Übrigen erklärte sie, "der Arbeitsmarkt sei ihr verschlossen". Mit am 12.10.1994 verkündetem Urteil sprach das OLG Saarbrücken der geschiedenen Ehefrau 1.256 DM Elementarunterhalt und 355 DM Altersvorsorgeunterhalt zu. In dieser Entscheidung hielt das OLG die Ehefrau für vollschichtig erwerbsfähig, billigte ihr jedoch einen Aufstockungsunterhaltsanspruch zu. Bei der Berücksichtigung eines fiktiven Nettoeinkommens von monatlich 1.200 DM abzgl. berufsbedingter Aufwendungen verblieb es.

Im Jahre 2004 erhob nunmehr der geschiedene Ehemann vor dem AG Bad Liebenwerda (22 F 426/04) vor dem Hintergrund verringerter eigener Einkünfte wegen Erreichens der Altersgrenze Abänderungsklage. Der Mann, ursprünglich beamteter Fluglotse am Flughafen ..., mittlerweile wiederverheiratet in Frankreich lebend, bezog nun von der Deutschen Flugsicherung ein Altersruhegehalt und arbeitete gleichzeitig im Angestelltenverhältnis am Flughafen Z. weiter. Er behauptete, die geschiedene Ehefrau, inzwischen zu der Familie der gemeinsamen Tochter in deren Haus nach Brandenburg verzogen, arbeite für mehrere, von ihm namentlich benannte Firmen als Werbedame. In ihrer Erwiderung führte die geschiedene Ehefrau aus und bekräftigte dies durch eine eidesstattliche Versicherung, seit 1.11.2003 kein Erwerbseinkommen mehr erzielt zu h...

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