Leitsatz (amtlich)

Eine Vertragsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Betreibers eines Freizeitbades, der seinen Kunden ein Armband mit einem Chip zur Verfügung stellt, mit dem bis zur Grenze von 150 EUR (Erwachsene) bzw. 35 EUR (Kinder) Leistungen bargeldlos in Anspruch genommen werden können, und nach der bei Verlust des Chips ein Betrag von 150 EUR (bzw. bei Kindern 35 EUR) zu entrichten ist, sofern nicht dem Kunden der Nachweis eines geringeren Schadens möglich ist, verstößt gegen § 309 Nr. 5 lit. a) BGB.

Die Klausel verstößt darüber hinaus auch gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, da die Klausel die Verpflichtung des Kunden, Schadensersatz zu leisten, an die schlichte Tatsache des Verlustes knüpft, ohne dass ein Verschulden erforderlich wäre.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 5 lit. a); UKlaG §§ 1, 4, 7

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 19.12.2011; Aktenzeichen 3 O 92/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.02.2015; Aktenzeichen XII ZR 199/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.12.2011 verkündete Urteil des LG Cottbus - Az.: 3 O 92/11 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern gem. § 13 BGB nachfolgende oder inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verträgen über die Benutzung des ... zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen: "3.8 Bei Verlust des ... Armbandes mit Chip hat der Besucher den jeweils nach den Ziff. 3.2. bzw. 3.4. eingeräumten Kredit zu entrichten."

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils für die Gegenseite vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision gegen den Unterlassungsausspruch wird zugelassen.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 3.645 EUR (entsprechend der Festsetzung erster Instanz)

 

Gründe

I. Der Kläger ist ein in die Liste nach § 4 UKlaG aufgenommener Verbraucherschutzverein, die Beklagte betreibt ein überregional bekanntes Freizeitbad. Der Eintritt für das Bad ist beim Betreten zu zahlen. Für weitere Leistungen stellt die Beklagte den Kunden ein Armband mit Chip zur Verfügung. Auf der Rückseite ist eine Nummer vermerkt, die mit der dem Kunden zugewiesenen Schranknummer korrespondiert; allerdings gibt es auch Kunden, die keinen Schrank zugewiesen bekommen, z.B. wenn sie im Zelt übernachten. Kunden, die eine Leistung (Getränke, Essen, Sonderleistungen) in Anspruch nehmen, müssen den Chip scannen lassen. Bis zur Grenze von 150 EUR (Erwachsene) bzw. 35 EUR (Kinder) kann man so Leistungen in Anspruch nehmen, ohne Bargeld zu benutzen. Die Kunden können nach den AGB die Kreditlinie erhöhen oder ermäßigen (Bl. 9). Für den Fall des Chipverlustes sollen die im Antrag erster Instanz wiedergegebenen AGB gelten.

Der Kläger hält die Regelung in Ziff. 3.8 der AGB für unwirksam, weil die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Verlauf eintretenden Schaden übersteige. Die Höhe des regelmäßig eingeräumten Verfügungsrahmens auf dem Chip diene der einseitigen Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten. Mit dem Antrag zu 2. hat der Kläger Ersatz für den Aufwand des vorgerichtlichen Abmahnschreibens verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern gem. § 13 BGB nachfolgende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verträgen über die Benutzung des ... zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen:

"3.8.: Bei Verlust des ... Armbandes mit Chip hat der Besucher den jeweils nach den Ziff. 3.2. bzw. 3.4. eingeräumten Kredit zu entrichten.";

2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn 145 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.8.2010 zu zahlen;

3. ihm die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens des Klägers verauslagten Gerichtskosten i.H.v. 267 EUR Zinsen i.H.v. 4 % jährlich seit dem 27.1.2011 bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags beim Geric...

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