Leitsatz (amtlich)

1. Kurzfristig rückzahlbare Überbrückungskredite, die der Gesellschaft für nicht mehr als drei Wochen gewährt werden und mit deren fristgerechten Rückzahlung gerechnet werden kann, stellen keinen Eigenkapitalersatz dar.

2. Weist das Girokonto der Gesellschaft Sollstände aus, die innerhalb von drei Wochen ausgeglichen werden, so ist die eigenkapitalersetzende Inanspruchnahme eines von der Bank gewährten Kontokorrentkredits nicht schlüssig dargetan.

 

Normenkette

GmbHG § 32a a.F., § 32b

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 07.03.2007; Aktenzeichen 4 O 99/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Cottbus vom 7.3.2007 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Beklagten sind Gesellschafter der F. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. und 3. waren. Durch Beschluss des AG Cottbus vom 1.4.2003 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger als Verwalter ernannt.

Am 23.10.2002 valutierte ein Kontokorrentkredit der Schuldnerin bei der Sparkasse E., für den die Beklagten Bürgschaften übernommen hatten, i.H.v. 6.078,97 EUR.

Im Hinblick darauf nimmt der Kläger die Beklagten auf die Rückgewähr eigenkapitalersetzender Leistungen in Anspruch.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 6.464,66 EUR zu zahlen, wobei die Beklagte zu 1. für nicht mehr als 6.391,15 EUR und die Beklagten zu 2. und zu 3. für nicht mehr als jeweils 5.112,92 EUR haften.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat durch Urteil vom 7.3.2007 die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der §§ 32a, 32b GmbHG lägen vor. Mit dem Kontokorrentkredit sei der Schuldnerin ein Darlehen gewährt worden, das die Beklagten als deren Gesellschafter durch die Bürgschaften besichert hätten. Das Vorliegen eines nur kurzzeitigen Überbrückungskredits lasse sich den Vertragsurkunden sowie dem schriftsätzlichen Vortrag der Parteien nicht entnehmen; dagegen spreche, dass der Vertrag tatsächlich erst nach zwei Jahren beendet bzw. umgewandelt worden sei. Die Schuldnerin sei im Oktober 2002 kreditunwürdig gewesen. Aus den Jahresabschlüssen zum 31.1.2002 und zum 31.1.2003 sei zu ersehen, dass ihr Stammkapital bis auf einen Restbetrag i.H.v. 1.271,66 EUR verbraucht gewesen sei. Aus den Jahresabschlüssen gehe weiter hervor, dass dem Anlage- und Umlaufvermögen der Schuldnerin i.H.v. insgesamt 55.062,52 EUR Verbindlichkeiten i.H.v. 112.001,59 EUR gegenübergestanden hätten. Diese rechnerische Überschuldung und Aufzehrung des Stammkapitals indiziere die Kreditunwürdigkeit. Stille Reserven der Schuldnerin seien nicht dargetan. Die Rückzahlung des Kontokorrentkredits sei im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Die Krise der Schuldnerin sei den Beklagten bekannt gewesen. Zulasten des Gesellschafters sei grundsätzlich von der Kenntnis über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft auszugehen; diese zu ihren Lasten gehende Vermutung hätten die Beklagten nicht entkräftet.

Gegen dieses Urteil, das den Beklagten zu 2. und zu 3. am 5.4.2007 und der Beklagten zu 1. am 13.4.2007 zugestellt worden ist, haben die Beklagten zu 2. und zu 3. am 4.5.2007 und die Beklagte zu 1. am 10.5.2007 Berufung eingelegt. Die Beklagten zu 2. und zu 3. haben die Berufung am 4.6.2007 begründet. Die Beklagte zu 1. hat nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 13.7.2007 die Berufung am 9.7.2007 begründet.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des LG Cottbus vom 7.3.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten aus §§ 32b Satz 1, 2, 32a Abs. 2, 3 Satz 1 GmbHG auf Zahlung von 6.464,66 EUR können nicht erkannt werden. Denn es kann nicht angenommen werden, dass die Bürgschaften der Beklagten in der Krise der Gesellschaft erteilt oder stehengelassen worden sind.

Die Krise der Gesellschaft ist gem. § 32a Abs. 1 GmbHG gegeben, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder wenn sie einen für ihre Fortführung notwendigen Kapitalbedarf nicht durch einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen decken kann (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl., § 32a, Rz. 48, m.w.N.). Allerdings stellen kurzfristig rückzahlbare Überbrückungskredite, auf die die Gesellschaft für kurze Zeit dringend angewiesen ist und für die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage mit der fristgerechten Rückzahlung gerechnet werden kann, keinen Eigenkapitalersatz dar, da dann keine Leistung vorliegt, an deren Stelle der Gesellschafter als ordentlicher Kaufmann der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätte (BGH NZI 2007, 63; NJW 1995, 457, 459; 1984, 189...

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