Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenspflegervergütung: Notwendigkeit des Hausbesuchs bei einem Kind

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 1, § 1836; VBVG §§ 1, 4; FGG § 50 Abs. 1; FGG § 67aG

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 13.11.2009; Aktenzeichen 20 F 185/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors ... wird der Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 13.11.2009 - Az. 20 F 185/08 - teilweise dahin abgeändert, dass die der Verfahrenspflegerin aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung auf insgesamt 481,58 EUR festgesetzt wird.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die am 26.11.2009 eingegangene sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors ... als Vertreter der Landeskasse gegen den ihm am 23.11.2009 zugestellten Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 13.11.2009 ist gem. §§ 50 Abs. 5, 67a Abs. 5 FGG statthaft und in zulässiger Weise eingelegt worden. Insbesondere übersteigt der hier 289,09 EUR betragende Beschwerdewert die nach § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG erforderliche Beschwer von mehr als 150 EUR.

Das AG hat die mit 764,02 EUR endende Rechnung der Verfahrenspflegerin vom 18.6.2009 (Bl. 85 f. GA) - unter Herabsetzung des geltend gemachten Aufwandes für das Aktenstudium von abgerechneten 50 auf anerkannte 30 Minuten - auf 750,74 EUR gekürzt und dabei den Zeit- und Kostenaufwand für einen Besuch des Kindes im Haushalt der Kindesmutter und auch die angegebene Dauer des dort mit A. geführten Gesprächs von 140 Minuten für berechtigt erachtet.

Hiergegen richtet sich das Rechtmittel des Vertreters der Landeskasse, der die Notwendigkeit des Hausbesuchs in Zweifel zieht und ferner den Zeitaufwand für das Gespräch mit dem Kind mit 90 Minuten für angemessen hält.

Die Rechtspflegerin beim AG Bad Liebenwerda hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 10.5.2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdesenat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Verfahrenspflegerin ist mit Übersendung des Nichtabhilfebeschlusses über das Rechtsmittel des Vertreters der Landeskasse in Kenntnis gesetzt worden, hat sich im Beschwerdeverfahren allerdings nicht mehr geäußert.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg.

Dem Verfahrenspfleger steht für seine Tätigkeit in dem hiesigen Sorgerechtsverfahren ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen sowie auf Vergütung aus der Staatskasse entsprechend §§ 1835 Abs. 1, 1836 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 67a Abs. 1 und 2 FGG und §§ 1 und 4 VBVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die Tätigkeiten betreffen, die der Erfüllung der vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben dienen (BVerfG FuR 2004, 622/624; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391). Jeder Arbeitsaufwand, den der Verfahrenspfleger außerhalb des ihm übertragenen Aufgabenbereiches entfaltet, hat bei der Festsetzung der Vergütung außer Ansatz zu bleiben, mag dieser Aufwand auch objektiv nützlich gewesen sein oder zu einer Konfliktlösung beigetragen haben (OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2000,177; KG KGReport Berlin 2000, 277; OLG Brandenburg, 2. Familiensenat, Beschl. v. 16.1.2007 - 10 WF 1/07). Vergütet wird der für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Zeitaufwand, gemessen daran, was ein sorgfältig arbeitender, gewissenhafter Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als erforderlich ansehen würde. Hierfür reicht es nicht aus, dass der Verfahrenspfleger allein aus subjektiver Sicht bestimmte eigene Maßnahmen für geboten hält. Vergütungs- und ersatzfähig sind vielmehr nur Tätigkeiten, die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgabe notwendig waren. Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senates, vgl. nur FamRZ 2006, 1777; FG Prax 2004, 73/74; ZfJ 2002, 233; FamRZ 2001, 692; Beschlüsse vom 6.3.2008 - 9 WF 57/08; v. 9.6.2008 - 9 WF 81/08; OLG Oldenburg, a.a.O.; OLG Köln Beschl. v. 20.8.2008 - 4 WF 39/08 - zitiert nach juris).

Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung der Kindesinteressen erforderlich ist. Schon daraus ist zu erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubeziehen hat. Der Verfahrenspfleger hat nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (so ausdrücklich: BVerfG FamRZ 1999, 85/87); er hat darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird und dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen. All dies charakterisiert den Verfahrenspfleger als subjektiven Interessenvertreter des Kindes. Seine Aufgabenstellung im Verfahren ist derjenigen eines Rechtsanwaltes als Verfahrensbevollmächtigtem vergleichbar. Es ist dagegen nicht seine Aufgabe, sich an der Erforschung der dem objektiven...

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