Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 15. Juli 2021 - 12 O 424/16 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren.

Der Beklagte beauftragte die ehemalige Rechtsanwältin E... B... (nachfolgend Schuldnerin) am 18. August 2012 mit der anwaltlichen Vertretung in einem Asylverfahren. Die Schuldnerin war in der Folgezeit für den Beklagten tätig. Der Kläger ist vor dem 7. August 2015 zum Abwickler der Kanzlei der ehemaligen Rechtsanwältin bestellt worden und war ebenfalls für den Beklagten tätig. Mit Rechnung vom 19. Dezember 2016 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos zur Zahlung von Anwaltsgebühren in Höhe von 14.121,15 EUR auf.

Am 13. Januar 2017 eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte Rechtsanwalt M... H... in B... zum Insolvenzverwalter.

Das Landgericht hat auf den am 20. Dezember 2016 eingereichten Antrag am 27. September 2018 Prozesskostenhilfe bewilligt, die Klage ist am 8. Mai 2019 zugestellt worden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von 14.121,15 EUR nebst Zinsen iHv 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 2.556,80 EUR stattgegeben und sie im Übrigen mit gebührenrechtlicher Begründung abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die beabsichtigte Berufung des Klägers, für deren Einlegung er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Er kündigt folgenden Antrag in der Hauptsache an:

Den Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu verurteilen,

an den Kläger weitere 11.554,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz 11. Januar 2017 zu verurteilen und

auf den bereits titulierten Betrag von 2.566,80 EUR Zinsen in Höhe von 5-% Punkten über dem Basiszinssatz vom 11. Januar 2017 bis 7. Mai 2019 zu zahlen.

Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zweifel an seiner Aktivlegitimation bestehen.

II. Die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Berufung gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es fehlt dem Kläger bereits an der Aktivlegitimation.

Der Kläger ist als Partei kraft Amtes grundsätzlich gemäß § 55 Abs. 5, Abs. 3 S. 2 BRAO befugt, Gebührenforderungen der ehemaligen Rechtsanwältin im eigenen Namen geltend zu machen. Soweit jedoch - so wie vorliegend - über das Vermögen der ehemaligen Rechtsanwältin das Insolvenzverfahren eröffnet ist, müssen die aus der Kollision von Berufsrecht und Insolvenzrecht folgenden Besonderheiten berücksichtigt werden.

1. Dazu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der nach § 55 BRAO bestellte Abwickler auch im eröffneten Insolvenzverfahren das vorhandene Barvermögen in Besitz zu nehmen hat, um daraus die Kosten für die vorläufige Aufrechterhaltung des Kanzleibetriebs zu bestreiten, und dieses umfasse auch die eingehenden Gebühren (BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - IX ZR 139/04 -, Rn. 16, juris; siehe auch OLG Köln, Urteil vom 4. November 2009 - I-17 U 40/09 -, Rn. 19, juris). Daraus - nämlich aus der Erwähnung der "eingehenden Gebühren" - folgt aber noch nicht, dass der Abwickler nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen der abzuwickelnden Kanzlei befugt wäre. Denn die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen der abzuwickelnden Kanzlei gehört nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zu den Aufgaben des Abwicklers. Diese unterfallen nämlich dem Insolvenzbeschlag und können daher vom Abwickler nicht (mehr) geltend gemacht werden (vgl. Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. April 2014 - 2 U 62/13 (Lw) -, Rn. 42, juris; Weyland/Nöker, 10. Aufl. 2020, BRAO § 55 Rn. 51c; Hartung, in: Henssler/Prütting, 5. Auflage 2019, BRAO, § 55, Rn. 27).

Zwar muss berücksichtigt werden, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorliegend am 13. Januar 2017 und damit nach Anbringung des erstinstanzlichen Prozesskostenhilfegesuchs aber vor Zustellung der Klageschrift am 8. Mai 2019 erfolgt ist. Allerdings führt die Antragstellung im Prozesskostenhilfeverfahren weder Anhängigkeit noch Rechtshängigkeit der Klage herbei. Auch die formlose Übersendung des Prozesskostenhilfeantrags kann nicht die Wirkung der Rechtshängigkeit der Klage begründen (OLG Celle, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 13 W 42/11 -, Rn. 7, juris; Assmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 261 Rechtshängigkeit, Rn. 14).

Damit ist die Klage jedenfalls mangels Aktivlegitimation des Klägers im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (§ 261 ZPO) abweisungsreif (Graf-Schlicker/Kexel in: Graf-Schlicker, InsO, § 35 Begriff der Insolvenzmasse, Rn. 7). Diesem Ergebnis steht § 240 ZPO schon deshalb nicht entgegen, weil das Insolvenzverfahren ...

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