Leitsatz (amtlich)

Beschränkt sich der Beschwerdeführer auf Ausführungen zum § 27 VersAusglG, den er für falsch angewendet hält, so legt er damit alle einzelnen Anrechte dem Beschwerdegericht zur Prüfung vor, das sich nicht auf die Anwendung des § 27 VersAusglG beschränken darf, sondern den Ausgleich aller Anrechte in vollem Umfange zu prüfen hat, also anhand aller in Betracht kommenden Rechtsnormen.

Der Schutz des Versorgungsträgers vor unvernünftigem, im Verhältnis zum Ausgleichswert unangemessenem Verwaltungsaufwand (§ 18 II VersAusglG) kann eine Ausnahme vom Halbteilungsgrundsatz nicht rechtfertigen, wenn die beteiligten Versorgungsträger sich selbst nicht für schutzbedürftig halten, sondern die externe Teilung selbst beantragen und gegen die Aufnahme der Versorgungsanwartschaft nichts einwenden.

 

Verfahrensgang

AG Schwedt (Beschluss vom 08.04.2014; Aktenzeichen 4 F 74/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG Schwedt/Oder vom 8.4.2014 abgeändert:

Nr. I Abs. 3 der Entscheidungsformel erhält die folgende Fassung:

Im Wege interner Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der ..., Versicherungsnr ..., ein Anrecht i.H.v. 23,5083 Entgeltpunkten (Ost) auf das Konto des Antragstellers bei der ..., Versicherungsnr ..., bezogen auf den 31.12.2007, übertragen.

Nr. I Abs. 5 der Entscheidungsformel erhält die folgende Fassung:

Im Wege externer Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der ..., Versicherungsnr ..., ein Anrecht i.H.v. 2.220 EUR nebst vier Prozent Zinsen für das Jahr vom 1.1.2008 bis zum Tag der Rechtskraft dieses Beschlusses auf dem bereits bestehenden Rentenversicherungskonto der Antragsgegnerin bei der ..., Versicherungsnr ..., bezogen auf den Tag der Rechtskraft dieses Beschlusses, begründet.

Die ... wird verpflichtet, 2.220 EUR nebst vier Prozent Zinsen für das Jahr vom 1.1.2008 bis zum Tag der Rechtskraft dieses Beschlusses an die ... zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller ein Viertel und die Antragsgegnerin drei Viertel.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.870 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

I.1. Der 1951 geborene Antragsteller und die 1952 geborene Antragsgegnerin waren seit 1972 verheiratet. Die Antragsgegnerin war Lehrerin und bezieht seit 2006 eine Rente wegen vollständiger Erwerbsunfähigkeit. Der Antragsteller gab 1991 eine Angestelltentätigkeit auf und betrieb als Selbständiger eine Dachdeckerei. In der Zeit der Selbständigkeit erwarb er das Anrecht gegenüber der Beteiligten zu 4. 2002 trennten sich die Eheleute. Der Antragsteller durchlief ein Regelinsolvenzverfahren.

2. Bei der Scheidung der Ehe im November 2010 ist das Versorgungsausgleichsverfahren abgetrennt und ausgesetzt worden. Im wiederaufgenommenen Verfahren hat die Antragsgegnerin gemeint, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei grob unbillig. Sie hat behauptet, der Antragsteller habe seine Anstellung ohne Absprache mit ihr aufgegeben. Weil er den Geschäftsbetrieb nicht ordnungsgemäß habe führen können, habe der Antragsteller gemeinsame Sparguthaben verbraucht und ein mit einem Grundstück der Antragsgegnerin besichertes Darlehen aufgenommen. Sie habe bis 2013 in der Ehezeit entstandene Verbindlichkeiten abtragen müssen.

Der Antragsteller hat behauptet, er habe nicht Ersparnisse verbraucht, sondern Entnahmen aus dem Betrieb wieder in diesen eingelegt. Die Familie habe von dem von ihm erzielten Gewinn gelebt, so dass für seine Altersversorgung nichts übriggeblieben sei. Die Antragsgegnerin habe hingegen ihr Gehalt der Familie vorenthalten.

3. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Ausgleich von vier Anrechten gemäß den Auskünften der Versorgungsträger angeordnet. Es hat Anrechte des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 0,2600 Entgeltpunkten und 8,0000 Entgeltpunkten (Ost) auf die Antragsgegnerin übertragen und Anrechte der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 25,7598 Entgeltpunkten (Ost) und gegenüber einer Zusatzversorgungsanstalt für Bedienstete des öffentlichen Dienstes i.H.v. 33,67 Versorgungspunkten auf den Antragsteller. Ein Anrecht des Antragstellers gegenüber einem Lebensversicherer, der Beteiligten zu 4, sei nicht auszugleichen, weil der Ausgleichswert - 2.220 EUR - gering sei und keine besonderen Umstände für einen Ausgleich sprächen. Aus dem teilweise unsubstantiierten und im Übrigen bestrittenen Vorbringen der Antragsgegnerin hätten sich Anhaltspunkte für Härtegründe und eine daraus folgende grobe Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht ergeben.

4. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin weiter gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Hilfsweise wolle sie so viel wie möglich aus dem Versorgungsausgleich erhalten und die Schmälerung ihrer eigenen Anrechte so gering wie möglich halt...

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