Normenkette

JVEG § 22; ZPO § 91 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam - Rechtspfleger - vom 16.11.2018, Az.: 4 O 14/16, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Restwerklohn in Anspruch genommen. Am 20.06.2018 schlossen die Parteien vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht einen Vergleich zur Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem streitgegenständlichen Auftrag, wobei sie bestimmten, dass von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleiches die Klägerin 20 % und der Beklagte 80 % tragen sollte. Unter dem 24.10.2018 beantragte die Klägerin unter anderem die Einstellung von Verdienstausfallkosten ihrer Geschäftsführer betreffend ihrer Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen vor dem Landgericht Potsdam und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht in Höhe von fünfmal 126 EUR, insgesamt 630 EUR in den Kostenausgleich. Das Landgericht - Rechtspfleger - hat diese Kosten mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.11.2018 antragsgemäß berücksichtigt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 05.12.2018, mit der er bestreitet, dass den Geschäftsführern der Klägerin durch die Teilnahme an den Gerichtsterminen ein Verdienstausfall entstanden sei. Dies sei Voraussetzung für die Entschädigung, welche nicht als allgemeine Aufwandspauschale zu zahlen sei. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 18.12.2018 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht - Rechtspfleger - den von der Klägerin für die Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen angemeldeten Verdienstausfall ihrer Geschäftsführer in den Kostenausgleich eingestellt.

Nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO umfasst die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis, wobei die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Entsprechend kommt auch für die Partei, die als natürliche Person selbst einen Gerichtstermin wahrnimmt oder als juristische Person sich in einem solchen Termin durch einen Geschäftsführer vertreten lässt, eine Entschädigung wegen der Zeitversäumnis bzw. des Verdienstausfalls durch die Teilnahme an einem solchen Termin nach § 22 JVEG in Betracht. Der Prozessgegner soll im Umfang seines Obsiegens von den Nachteilen freigestellt werden, die ihm aufgrund seiner Teilnahme am Rechtsstreit entstanden sind. Dies gilt auch für den terminsbedingten Zeitaufwand, der einem Geschäftsführer durch seine Teilnahme an einem Gerichtstermin entsteht. Die Aufgabe des gesetzlichen Vertreters ist es in erster Linie, die Erzielung des erstrebten Unternehmensgewinns durch entsprechende Betätigung im Rahmen des Gegenstands des Unternehmens zu fördern, nicht aber Unternehmensgewinne dadurch zu verdienen, dass ein Prozess geführt wird. Fällt die Arbeitskraft des Geschäftsführers für seine eigentliche unternehmerische Aufgabe zeitweise aus, weil er für die vertretene Gesellschaft an Gerichtsterminen teilnehmen muss, stellt sich dies bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise für die Gesellschaft als Nachteil dar, für den sie nach Maßgabe des § 22 JVEG eine Entschädigung verlangen kann.

Da § 91 Absatz 1 S. 2 ZPO für einen Anspruch auf Entschädigung nur auf die entstandene Zeitversäumnis abstellt, setzt der Anspruch auf Entschädigung der Partei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht voraus, dass ein konkreter Verdienstausfall nachgewiesen ist. Anders als bei der Entschädigung von Zeugen genügt es vielmehr, wenn die Zeitversäumnis einen messbaren Nachteil für die Partei mit sich bringt, was bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Teilnahme eines Geschäftsführers an einem Gerichtstermin regelmäßig anzunehmen ist. Da es einem Wirtschaftsunternehmen in der Regel schwerlich möglich ist, die durch Abwesenheit des Geschäftsführers entstehenden konkreten finanziellen Nachteile im Einzelnen zu quantifizieren, reicht es für die Zwecke des Kostenfestsetzungsverfahrens aus, sich, wie in § 22 JVEG vorgesehen, am regelmäßigen Bruttoverdienst zu orientieren (vgl. BGH, Beschluss vom 02.12.2008 - VI ZB 63/07; Senat, Beschluss vom 19.06.2009 - Verg W 7/07).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 574 ZPO nicht vorliegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13108678

JurBüro 2019, 305

AGS 2019, 486

RVGreport 2019, 263

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