Leitsatz (amtlich)

1. Wenn das Hauptsacheverfahren noch offen ist, ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht regelmäßig ausschlaggebend, dass ein mehrfacher Wechsel des Wohnortes und der unmittelbaren Bezugsperson, der das Kindeswohl in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigen würde, zu vermeiden ist.

2. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung selbst dann nicht immer notwendig, wenn ein Regelbeispiel i.S.v. § 158 Abs. 2 FamFG vorliegt.

 

Normenkette

FamFG §§ 49, 158

 

Verfahrensgang

AG Eisenhüttenstadt (Beschluss vom 13.08.2014; Aktenzeichen 3 F 186/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Eisenhüttenstadt vom 13.8.2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern der am ... 1.2012 geborenen M. G. Sie haben für ihre Tochter eine Sorgeerklärung gem. § 1626a BGB abgegeben.

Während der Partnerschaft lebten Eltern und Kind im Haus der Eltern des Vaters in K., die Tochter besuchte die Kita im dortigen Einzugsbereich in T. Die Wochenenden verbrachten sie jedenfalls teilweise im Haus des Bruders der Mutter in R. In diesem Haus leben der Bruder mit Frau und zwei Kindern sowie die Eltern der Mutter. Der Vater arbeitet bei einer Firma in B., die Mutter befindet sich in der Ausbildung zur Erzieherin, die im Juni 2016 beendet werden soll. Im Juli 2014 kam es zur Trennung der Eltern, die Mutter zog mit M. aus dem Haus in K. aus und lebt nun in R. im Haus ihres Bruders.

Die Eltern haben mit Schriftsatz vom 28. bzw. 31.7.2014 jeweils die einstweilige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein beantragt. Die Mutter hat zudem die alleinige Befugnis zur Entscheidung über den Kindergartenwechsel von T. nach Be., der Vater die Herausgabe des Kindes begehrt. Der Vater hat mit weiterem Schriftsatz vom 31.7.2014 einen Hauptsacheantrag, gerichtet auf die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich, eingereicht. Das AG hat die Anordnungsverfahren verbunden und im Termin vom13.8.2014 die Eltern und die Vertreterin des Jugendamts angehört.

Durch den angefochtenen Beschluss vom selben Tag hat es im Wege der einstweiligen Anordnung der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M. und die Entscheidungsbefugnis über den Kindergartenwechsel von T. nach Be. übertragen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Vater mit der Beschwerde. Er trägt vor:

Die Mutter habe die Tochter ohne seine Zustimmung und gegen seinen Willen aus dem gemeinsamen Haushalt genommen. Dieses Fehlverhalten habe das AG nicht gewürdigt. Es habe zudem nicht beachtet, dass man sieben Jahre lang gemeinsam in K. gelebt habe und unvorbereitete Umzüge auch bei Kleinkindern erhebliche seelische Probleme verursachen und sie in ihrer Entwicklung zurückwerfen könnten. So habe er bereits bemerkt, dass M. jetzt wesentlich weniger und undeutlicher spreche als vor dem Umzug. Er könne die Versorgung des Kindes übernehmen. Er sei ohne weiteres und sofort in der Lage, zu Hause zu arbeiten und müsse dann nur an wenigen Tagen im Monat an seiner Arbeitsstelle erscheinen. Entgegen den Angaben der Mutter habe er niemals angedroht, ihr das Kind wegnehmen zu wollen. Die Mutter habe ihm nach der Trennung gleichwohl nur stundenweise Umgang ohne Übernachtung gewährt, der erste Wochenendumgang habe vom 15. bis zum 17.8.2014 stattgefunden.

Die Befugnis zur Entscheidung darüber, welchen Kindergarten die Tochter besuche, sei ihm allein zu übertragen, ebenfalls das Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Die Mutter verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist im Wesentlichen darauf, dass sie schon während des Zusammenlebens die Wochenenden meistens in R. verbracht hätten, sie sich, auch wegen der langen berufsbedingten Abwesenheit des Vater, überwiegend allein um die Tochter gekümmert habe. Sie trägt vor, dass M. seit dem 12.8.2014 die Kita in Be. besuche und seit dem vom Vater genannten Wochenende vom 15./17.8.2014 alle zwei Wochen Umgang stattgefunden habe und weiterhin stattfinde.

II. Die gem. §§ 57 Satz 2 Nr. 1, 58 FamFG zulässige Beschwerde des Vaters ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung liegen nicht vor.

1. Das nach § 49 Abs. 1 FamFG für die getroffene Anordnung erforderliche dringende Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden, das sog. Regelungsbedürfnis, ist gegeben. Denn die Eltern leben aufgrund ihrer Trennung in verschiedenen, räumlich rund 27 km voneinander entfernten Haushalten und können, wie sich aus ihrem Vortrag und ihren gegenläufigen Anträgen ergibt und was die Vertreterin des Jugendamts aufgrund eines gemeinsamen Gesprächs mit den Eltern im Jugendamt bestätigt hat, kein Einvernehmen über den Aufenthalt ihrer Tochter finden. Beide Elternteile wollen, dass die Tochter in ihrem jeweiligen Haushalt lebt und die ...

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