Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivilrechtsweg für Ansprüche auf Nutzungsentschädigung bei Nutzung des gemeinsamen Hauses durch geschiedenen Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Benutzung der ehemaligen Ehewohnung gilt nach der Scheidung der Ehe der Miteigentümer nicht mehr § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB, sondern die Regelung des § 745 Abs. 2 BGB. Der Rechtsstreit ist keine Familiensache.

 

Normenkette

GVG §§ 13, 17 ff.; BGB §§ 745, 1361a, 1361b; HausratsVO § 18

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 10.12.2007; Aktenzeichen 1 O 512/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Potsdam vom 10.12.2007 aufgehoben.

 

Gründe

1. Durch den angefochtenen Beschluss hat das LG Potsdam den Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das AG Potsdam - FamG - gestützt auf §§ 17a GVG, 621 Abs. 1 Nr. 5 ZPO verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die beanspruchte Nutzungsentschädigung für das im Miteigentum der Parteien stehende, von der Beklagten seit der Trennung der Parteien allein von der Beklagten bewohnte Haus, von der unterhaltsrechtlichen Problematik überlagert werde. Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus sei bei dem für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse maßgebenden Einkommen zu berücksichtigen. Dies gelte unabhängig davon, ob eine rechtskräftige Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt ergangen sei oder nicht. Aus diesem Grund könne ein Nutzungsentschädigungsanspruch auch nicht isoliert geltend gemacht werden.

Gegen den ihm am 11.12.2007 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 27.12.2007 sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, dass dann, wenn wie vorliegend eine Unterhaltsregelung, bei der der Wohnvorteil berücksichtigt worden sei, nicht getroffen worden sei, der die Wohnung nicht nutzende Ehegatte isoliert eine Nutzungsvergütung nach § 745 Abs. 2 BGB verlangen könne. Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung seien insoweit nicht die Regelungen der Hausratsverordnung, sondern ausschließlich § 745 BGB einschlägig.

2. Die gem. §§ 17a Abs. 4 Satz 2 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Das LG hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zu Unrecht für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das FamG verwiesen.

a) Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit stellt ggü. dem bei dem AG als besondere Abteilung geführten FamG schon keinen anderen Rechtsweg i.S.d. § 17a GVG dar. Vielmehr betrifft die Abgrenzung zwischen ordentlicher streitiger Gerichtsbarkeit und FamG innerhalb desselben Gerichts die unmittelbar in § 621 ZPO geregelte gerichtsinterne Geschäftsverteilung (BGH MDR 2004, 698, 699). Steht wie hier eine Verweisung vom LG an das AG in Rede, geht es ebenfalls nicht um eine Rechtswegfrage. § 13 GVG, der die Voraussetzungen für die Eröffnung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichte zum Inhalt hat, dient der Abgrenzung der ordentlichen Gerichtsbarkeit von den übrigen selbständigen Gerichtszweigen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 13 GVG Rz. 2). Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder -gerichten begründet ist oder für die aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Besondere Gerichte im Sinne eines selbständigen Gerichtszweiges und damit eines besonderen Rechtsweges sind die Gerichte der Schifffahrt, § 14 GVG, die ArbG, § 48 ArbGG, Patentgerichte, Art. 96 Abs. 1 GG und §§ 95 ff. PatG. Spruchkörper, die im Rahmen der allgemeinen Gerichtsorganisation des § 12 GVG gesetzlich für Spezialaufgaben vorgeschrieben oder vorgesehen sind, sind demgegenüber keine besonderen Gerichte i.S.d. § 14 GVG. Vielmehr sind sie Spruchkörper der allgemeinen ordentlichen Gerichtsbarkeit (Kissel, GVG, 4. Aufl., § 14 Rz. 18). Das FamG als Abteilung des AG, § 23b GVG, ist Teil der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit. Diese wird gem. § 12 GVG durch die Amts-, Land- und OLG sowie durch den BGH ausgeübt.

b) Allenfalls wäre vorliegend eine analoge Anwendung der §§ 17 ff. GVG in Betracht zu ziehen. Für die Abgrenzung zwischen freiwilliger und ordentlicher streitiger Gerichtsbarkeit ist die entsprechende Anwendung der §§ 17 - 17b GVG höchstrichterlich anerkannt (BGH MDR 2003, 515). Soweit es um Ansprüche wegen nachehelichen Unterhalts geht, steht eine solche indessen nicht in Rede. Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 5 ZPO wegen nachehelichen Unterhalts sind in § 621a Abs. 1 ZPO den Familiensachen aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerade nicht zugewiesen; sie unterliegen ausschließlich den Verfahrensregelungen der ZPO.

Ebenso wenig ist eine Abgrenzung zwischen ordentlicher streitiger und freiwilliger Gerichtsbarkeit unter dem Gesichtspunkt des...

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