Leitsatz (amtlich)

Zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit eines bereits vollschichtig berufstätigen Unterhaltsschuldners.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Beschluss vom 01.12.2014; Aktenzeichen 2.1 F 285/14)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die am... 8.2007 geborene Antragstellerin verlangt von ihrem Vater, dem Antragsgegner, Zahlung des Mindestunterhalts ab September 2014.

Durch Anwaltsschreiben vom 1.4.2014 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner auf, zum Zwecke der Berechnung des Kindesunterhalts Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen und bereits ab sofort den Mindestunterhalt von monatlich 272 EUR zu zahlen. Durch Jugendamtsurkunde vom 9.5.2014 verpflichtete sich der Antragsgegner, an die Antragstellerin ab Juni 2014 monatlichen Unterhalt von 100 EUR zu zahlen.

Unter dem 20.8.2014 hat die Antragstellerin das vorliegende Verfahren eingeleitet und begehrt, den Antragsgegner unter Abänderung der Jugendamtsurkunde zu verpflichten, ab 1.9.2014 den Mindestunterhalt abzüglich hälftigen Kindergeldes zu zahlen, ebenso einen Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1.4. bis 31.8.2014 in Höhe von 1.360 EUR sowie diesbezügliche Zinsen. Die Anträge hinsichtlich des Unterhaltsrückstands und der Zinsen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25.11.2014 zurückgenommen.

Der Antragsgegner hält sich bezüglich des geltend gemachten Mindestunterhalts für nicht hinreichend leistungsfähig und beantragt, ihm Verfahrenskostenhilfe zur Rechtsverteidigung zu bewilligen.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt, soweit er sich gegen eine Unterhaltsforderung bis einschließlich Dezember 2014 überhaupt und beginnend ab Januar 2015 gegen höheren Unterhalt als 259 EUR monatlich zur Wehr setzt. Den weiter gehenden Antrag hat das AG zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, mit Rücksicht auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB könne sich der Antragsgegner nicht darauf zurückziehen, als Kraftfahrer nur ein monatliches Einkommen von 1.150 EUR zu erzielen. Vielmehr sei er unterhaltsrechtlich verpflichtet gewesen, sich eine besser bezahlte Arbeit zu suchen. Bei ausreichenden Bemühungen könne angenommen werden, dass er eine Stelle als Bauhelfer im Land... hätte finden können. Dann aber hätte er nach dem Tarifvertrag im Baugewerbe einen Mindestlohn in Höhe von 11,10 EUR brutto pro Stunde erhalten können. Auf dieser Grundlage ergebe sich nach Abzug von pauschal 5 % für berufsbedingte Aufwendungen ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.258,65 EUR. Der Antragsgegner könne mithin monatlichen Kindesunterhalt von rd. 259 EUR leisten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Er macht geltend, schon der Ansatz eines fiktiven Einkommens sei im Hinblick auf seine tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit zweifelhaft. Wenn man aber von einem fiktiven Einkommen ausgehe, müsse ihm eine Übergangszeit von regelmäßig sechs Monaten ab Inanspruchnahme zugebilligt werden. Im Übrigen habe das AG die Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts zum 1.1.2015 auf 1.080 EUR nicht berücksichtigt. Selbst wenn man von einem fiktiven bereinigten Einkommen von 1.258,65 EUR ausgehe, sei er ab 1.1.2015 lediglich in Höhe von 179 EUR leistungsfähig.

Durch Beschluss vom 11.2.2015 hat das AG der sofortigen Beschwerde insoweit abgeholfen, als es dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe auch bewilligt hat, soweit er sich gegen eine höhere Unterhaltsforderung als 179 EUR monatlich ab Januar 2015 zur Wehr setzt. Im Übrigen hat das AG dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde, über die der Senat nach Übertragung durch den Einzelrichter gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 568 Satz 2 ZPO in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist unbegründet. Zu Recht hat das AG dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe nur eingeschränkt bewilligt. Denn darüber hinaus bietet die von ihm beabsichtigte Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Auch bei der im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe gebotenen summarischen Prüfung (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn. 19; Verfahrenshandbuch Familiensachen-FamVerf/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 167) kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners in einem größeren Maß, als vom AG angenommen, eingeschränkt ist.

1. Dass das AG dem Antragsgegner ein fiktives bereinigtes Einkommen von rd. 1.259 EUR bereits im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe zugerechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefähr...

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