Nachgehend

BGH (Beschluss vom 16.02.2022; Aktenzeichen XII ZB 19/21)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 7. Oktober 2020 - Az. 22 F 143/20 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahin abgeändert, dass die angeordnete Ratenzahlungsverpflichtung auf 115,00 EUR monatlich herabgesetzt wird. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die - auf die Hälfte zu reduzierenden - Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren trägt der Antragsgegner; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die gegen die Anordnung einer Ratenzahlung von 431 EUR monatlich im Rahmen der erfolgten Verfahrenskostenhilfebewilligung für das zugrunde liegende Scheidungsverbundverfahren gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig. In der Sache selbst ist sie - insbesondere aufgrund des weitergehenden Beschwerdevorbringens aus dem Schriftsatz vom 4. November 2020 - teilweise begründet.

Voranzustellen ist, dass der Senat den Ausführungen des Amtsgerichts zur (fehlenden) Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten für die Auslandskranken- und für die Vollkaskoversicherung uneingeschränkt beitritt. Dasselbe gilt für die von dem Bundesverwaltungsamt mitgeteilte - vorläufige - Einstellung der Zahlung des Familienzuschlages 1 zum 30. Oktober 2020. Diese fußt offensichtlich auf der - durch entsprechende Informationen des Antragsgegners selbst veranlassten ? - aktuell sachlich falschen Annahme einer bereits erfolgten Durchführung des Versorgungsausgleichs, also einer bereits (rechtskräftigen) Scheidung (ohne Verpflichtung zum nachehelichen Unterhalt, die ihrerseits wiederum den Familienzuschlag nach Stufe 1 gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG rechtfertigen würde). Nach der vom Bundesverwaltungsamt zitierten Vorschrift des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erhalten verheiratete Beamte, Richter und Soldaten diesen Familienzuschlag der Stufe 1. Allein der Umstand eines Getrenntlebens oder auch die Rechtshängigkeit des hier zugrunde liegenden Scheidungsverfahrens führt - soweit hier ersichtlich - noch nicht zum Wegfall dieses Familienzuschlages.

Zutreffend allerdings nimmt der Antragsgegner - jedenfalls dem Grunde nach - Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2b ZPO für die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder der Beteiligten in Anspruch, die nach seinem - im Beschwerdeverfahren durch Herreichung einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung hinreichend glaubhaft gemachten - Vorbringen im paritätischen (wöchentlichen) Wechselmodell betreut werden. Die in der zitierten Vorschrift enthaltenen Freibeträge können allerdings bei diesem Betreuungsmodell nur zur Hälfte in Anspruch genommen werden. Es kann nämlich nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Elternteil während des Zeitraums, in dem die Kinder beim anderen Elternteil versorgt und betreut werden, von Unterhaltsaufwendungen entlastet ist, da von dem jeweils betreuenden Elternteil in seiner Betreuungszeit auch die Kosten der Lebensführung der Kinder getragen werden. Ein Großteil der Kosten, die vom Freibetrag umfasst werden, entsteht dem Elternteil, bei dem sich die Kinder gerade nicht aufhalten, in der Zeit der Betreuung durch den anderen Elternteil nicht. Es verbleiben ihm zwar gewisse Mehrkosten des Wechselmodells, insbesondere höhere Wohnkosten durch Bereithaltung eines/mehrerer Kinderzimmer diese können jedoch gesondert nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 und nach entsprechenden konkreten Darlegungen insoweit nach Nr. 5 ZPO geltend gemacht werden. Auch mit Blick auf den sozialhilferechtlichen Charakter der Verfahrenskostenhilfe ist daher gerechtfertigt, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Elternteil, der das Kind gerade nicht betreut, nur bezogen auf die Hälfte der Zeit für die Kosten der Lebensführung des Kindes aufkommt (wie hier OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 1746 - Rdnr. 13 bei juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht - 4. Familiensenat, Beschluss vom 1. Februar 2019, Az. 13 WF 13/19 - Rdnr. 5 bei juris; a.A. [Absetzung in voller Höhe des Freibetrages] OLG Dresden FamRZ 2016, 253 - Rdnr. 3 bei juris).

Für die am 9. Juli 2017, 27. März 2014 und 4. März 2012 geborenen Kinder sind deshalb verfahrenskostenhilferechtlich weitergehende Abzüge von insgesamt 502,50 EUR zu berücksichtigen (= 289 + 358 + 358 = 1.005 : 2).

Im Zuge der umfassenden Überprüfung der angefochtenen Entscheidung im Rahmen des Beschwerdeziels, das hier auf die ratenfreie Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gerichtet ist, hat der Senat weitergehend auch die sonstigen erstinstanzlich in die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens eingestellten Rechnungspositionen in den Blick genommen. Dabei ist festzustellen, dass entgegen der Auffassung des Amtsgerichts die Kosten für (Ab-)Wasser und Müllentsorgung nicht aus dem Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO aufzubringen sind, sondern im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung n...

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