Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 06.06.2023 betreffend die Entscheidung über den Antrag auf Bestellung eines Notanwalts vom 19.05.2023 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

eines Notanwalts ist gemäß §§ 78b Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 569 Abs. 1 und 2 ZPO. Anwaltszwang besteht selbstverständlich nicht (vgl. OLG München, Beschluss vom 20.08.2001 - 1 W 2066/01, MDR 2002, 724, juris).

In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die beantragte Bestellung eines Notanwalts abgelehnt, weil der Kläger nach seinen Darlegungen keine ausreichenden Bemühungen um eine Mandatsübernahme durch einen Rechtsanwalt unternommen hat, welche die Beiordnung eines Notanwalts rechtfertigen.

Nach § 78b ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Erforderlich ist daher zunächst, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre entsprechenden Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13.01.2021 - IV ZB 24/20, juris; Beschluss vom 14.12.2017 - I ZR 195/15, juris; Beschluss vom 22.08.2011 - IV ZR 77/11, juris, OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.12.2022 - 1 Ws 147/22, juris). Die Partei muss alle zumutbaren Bemühungen unternommen haben, um die Übernahme des Mandats durch einen Rechtsanwalt zu erreichen. Dazu ist es erforderlich, dass sich die Partei rechtzeitig an eine angemessene Anzahl in Betracht kommender Rechtsanwälte gewandt und sich bei diesen konkret um eine Mandatsübernahme bemüht hat. Welche Bemühungen im Einzelnen zu verlangen sind, insbesondere die Anzahl der zu kontaktierenden Rechtsanwälte richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für eine Vertretung durch einen bei diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt mindestens fünf Rechtsanwälte anzufragen (vgl. BGH, Beschluss vom 17.08.2022 - IX ZR 96/22, juris; Beschluss vom 25.01.2007 - IX ZB 186/06, juris, Beschluss vom 25.01.2007 - IX ZB 186/06, juris). In Sachen vor den Instanzgerichten ist einer Partei ein konkretes Bemühen um Mandatsübernahme bei erheblich mehr Rechtsanwälten zumuten (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.02.2023 - 7 Ws 23/23, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.01.2023 - 8 W 3449/22, juris; OLG Brandenburg a.a.O.; OLG München, Beschluss vom 03.03.1993 - 1 W 1014/93, juris), das gilt insbesondere wenn ausreichend Zeit zur Verfügung steht und nicht etwa ein fristgebundenes Rechtsmittel einzulegen ist (vgl. OLG Nürnberg a.a.O.; Toussaint in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 78b Rn. 6; Weth in Musielak/Voit ZPO, 20. Auflage 2023, § 78b Rn. 4).

In der Streitsache ist aus Sicht einer verständigen Partei die Zuziehung eines spezialisierten Rechtsanwalts nicht als notwendig anzusehen. Gegenstand der Klage ist eine Forderung auf Entschädigungszahlung in Höhe von 500 EUR wegen vermeintlich fehlerhaften Verwaltungshandelns der beklagten Landeshauptstadt bei Erlass eines Grundsteuermessbescheides, welcher im Verlauf des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von der Beklagten aufgehoben wurde. Die Klageforderung hatte der Kläger im Rahmen seiner bei dem Verwaltungsgericht Potsdam eingereichten Klage auf Aufhebung des Grundsteuermessbescheides geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschlüssen 08.02.2022 das Verfahren betreffend den Zahlungsantrag abgetrennt und das abgetrennte Verfahren an das Landgericht Potsdam verwiesen. Nach Verweisung hat das Landgericht Potsdam den Kläger mit Verfügung vom 16.02.2022 auf den Anwaltszwang vor dem Landgericht hingewiesen. Die dem Kläger schließlich am 26.01.2023 zugestellte Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.05.2023 hat das Landgericht mit der Belehrung über den Anwaltszwang versehen.

Dem Kläger stand mithin ein Zeitraum zur Verfügung, der es ihm erlaubt hat, sich unter zumutbaren Anstrengungen ohne weiteres bei mehr als zehn Rechtsanwälten in der Region Potsdam und Umgebung konkret um eine Mandatsübernahme in der Streitsache zu bemühen. Diesen Anforderungen hat er nicht genügt.

Nach seinen Darlegungen haben vier namentlich bezeichnete Rechtsanwaltskanzleien, darunter die Prozessbevollmächtigten der Beklagten, konkrete Mandatsanfragen des Klägers abgelehnt, wobei nicht mitgeteilt ist, wann sich der Kläger um die Mandatsübernahmen bemüht hat. Zwei weitere Kanzleien und ebenso die Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg habe der Kläger telefonisch nicht erreicht, eine weitere Kanzlei habe nicht zurückgerufen. Das ist indes nicht ausreichend, um einen Notanwalt zu bestellen.

Die Kostenfolgen ergeben sich aus dem Gesetz (KV Nr. 1812 der Anlage I zu § 3 Abs. 2 GKG).

 

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