Verfahrensgang

AG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 45 Gs 237/20)

 

Tenor

Gegen die Angeschuldigten wird die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.

Für die Dauer von drei Monaten wird die Haftkontrolle dem Landgericht Frankfurt (Oder) übertragen.

 

Gründe

I.

Der Angeschuldigte C... wurde am 2. Februar 2021, der Angeschuldigte D... am 23. Februar festgenommen. Sie befinden sich seitdem aufgrund der Haftbefehle des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Dezember 2020 bzw. 22. Februar 2021 in Untersuchungshaft.

In den Haftbefehlen wird dem Angeschuldigten C... vorgeworfen, in der Zeit vom ... März 2020 bis zum ... Juni 2020 in 12 Fällen, dem Angeschuldigten D... im April 2020 in einem Fall als Mitglieder einer Bande mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG).

Die Angeschuldigten hätten sich mit weiteren Personen zu einer festen Gruppe zusammengeschlossen, deren Zweck darin bestanden habe, Rauschgift unter anderem im Bereich Frankfurt (Oder), gewinnbringend abzusetzen, um damit den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Angeschuldigte C... sei hierbei für die Beschaffung der Betäubungsmittel und die Organisation des Drogenhandels zuständig gewesen. Aufgabe des Angeschuldigten D... sei es gewesen, die Drogen in einer Bunkerwohnung zu lagern und dann an seine Abnehmer gewinnbringend weiter zu veräußern. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat die Haftbefehle des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Dezember 2020 bzw. 22. Februar 2021 Bezug.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt, die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen.

Der Senat entscheidet antragsgemäß.

II.

Die Voraussetzungen für den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft liegen vor.

1.

Die Angeschuldigten sind dringend verdächtig, die in den Haftbefehlen bezeichneten Taten begangen zu haben (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dies ergibt sich aus den in den Haftbefehlen bezeichneten Beweismitteln und dem in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) vom 21. Juni 2021 zutreffend zusammengefassten wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen.

Soweit sich der dringende Tatverdacht aus der Auswertung der durch die französischen Ermittlungsbehörden im Zusammenhang mit der Überwachung des Dienstleistungsanbieters für sogenannte Krypto-Handys (EncroChat) durch Entschlüsselung von Chat-Nachrichten gewonnenen Daten beruht, unterliegen diese keinem Beweisverwertungsverbot.

Der Senat teilt die hierzu in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung (OLG Bremen, Beschl. v. 18. Dezember 2020 - 1 Ws 166/20; OLG Hamburg, Beschl. v. 29. Januar 2021 - 1 WS 2/21 - 7 OBL 3/21; OLG Schleswig, Beschl. v. 29. April 2021 - 2 Ws 47/21; OLG Rostock, Beschl. v. 23. März 2021 - 20 Ws 70/21; ebenso LG Flensburg, Beschl. v 11. Juni 2021 - V Qs 26/21, jeweils zitiert nach Juris) und folgt insoweit nicht der entgegenstehenden, soweit ersichtlich nicht rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschl. v. 1. Juli 2021 - [525 KLs] 254 Js 592/20 [10/21]; ein Verwertungsverbot ebenfalls bejahend Wahl ZIS 2021, 452ff.). Hierfür sind für den Senat zusammengefasst im Wesentlichen folgende Überlegungen maßgeblich (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Juli 2021, Az.: 2 Ws 94/21):

a) Ein zu einem Beweisverwertungsverbot führender Verstoß gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung liegt nicht vor (§ 73 Satz 1 IRG).

Die Art und Weise der in Frankreich betriebenen Beweisgewinnung (näher dargestellt in der Entscheidung OLG Hamburg v. 29. Januar 2021, aaO.) unterliegt dabei nicht uneingeschränkter Überprüfung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht den deutschen Gerichten eine Nachprüfung der im Ausland getroffenen Maßnahmen nach dem dortigen innerstaatlichen Recht grundsätzlich nicht zu, soweit die dortige Beweiserhebung - wie hier - nicht auf einem inländischen Rechtshilfeersuchen beruht (BGH, Beschl. v. 21. November 2012 - 1 StA 310/12; eingehend Pauli NStZ 2021, 146ff.).

Dass die Anordnung der von den französischen Behörden durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen nach bisherigem Erkenntnisstand nicht den Anforderungen zu genügen scheint, die nach deutschem Recht an eine Überwachung des internetbasierten Datenaustausches und der Telekommunikation zu stellen wären, verbietet nach der hierbei zu treffenden Gesamtabwägung nicht die Verwertung der hieraus gewonnenen Erkenntnisse. Dabei ist auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass zwar entsprechend der deutschen Rechtsordnung im Hinblick auf die hiermit verbundenen Eingriffe in Grundrechte (Art. 10 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) eine Überwachung nur aus Anlass eines konkreten Geschehens und gegen bestimmte Beschuldigte bei Vorliegen eines qualifizierten Verdachtes erlaubt, eine verdachtslose Überwachung der Kommunikation dagegen grundsätzlich unzulässig ist (§§ 100a, b, StPO; BVerfG, Urt. v. 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07, NJW 2008, 822). Dass entsprechende in Frankreich angeordnete und gerichtlich beschlossene Er...

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