Verfahrensgang

LG Neuruppin (Beschluss vom 16.04.2014)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Neuruppin vom 16.4.2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Zahlungsansprüche aufgrund von Staatsanleihen der Beklagten WKN A0T6US geltend, die er am 1.2.2011 zu einem Nominalbetrag vom 11.000 EUR erworben hat.

Die Anleihe war nach dem Vortrag des Klägers am 20.3.2012 zur Rückzahlung fällig und sollte mit 4,3 % p.a. verzinst werden. Die Anleihebedingungen enthielten keine Umtauschklausel.

Mit Gesetz 4050/2012 (sog. Greek-Bondholder-Act) vom 23.2.2012 ermöglichte das Parlament des Beklagten, im Rahmen eines sog. Schuldenschnitts rückwirkend in die mit privaten Gläubigern geschlossenen Anleiheverträge einzugreifen, rückwirkende Umschuldungsklauseln (so. CAC-Klauseln) zuzulassen und unter bestimmten Bedingungen einen Zwangsumtausch auch im Verhältnis zu solchen Gläubigern vorzunehmen, die einem Umtauschangebot nicht zustimmten.

Der Kläger nahm das ihm am 24.2.2012 unterbreitete Umtauschangebot nicht an. Im März 2012 aktivierte das Regierungskabinett der Beklagten die CAC-Klauseln hinsichtlich derjenigen Anleihen, die von ihrem Recht beherrscht wurden, und führte den zwangsweisen Umtausch der Alt-Staatsanleihen gegenüber denjenigen privaten Gläubigern durch, die das Umtauschangebot nicht angenommen hatten.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung der Anleihe mit der Begründung, die Anleihe WKN A0T6US sei seit dem 20.3.2012 zur Rückzahlung fällig. Er erklärt mit der Klageschrift die Kündigung des Anleihevertrages wegen grober Vertragsverletzung seitens der Beklagten. Schließlich stützt er seine Ansprüche auch auf die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

Das LG hat die Klage nicht zugestellt und die Verhandlung mit Beschluss vom 16.4.2014 in analoger Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt, bis der EuGH in der Rechtssache C-226/13 das von dem LG Wiesbaden mit Beschluss vom 18.4.2013 (2 O 236/12 S. F.../. Hellenische Republik) veranlasste und am 29.4.2013 beim EuGH eingegangene Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV zu folgender Vorlagefrage beantwortet hat:

Ist Art 1 der VO (EG) Nr. 1393/2007 des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen ... dahingehend auszulegen, dass eine Klage, mit der ein Erwerber von Schuldverschreibungen, die die Beklagte emittierte, die im Wertpapierdepot des Klägers bei der S. AG & Co. KG verwahrt wurden, und der das von der Beklagten Ende Februar 2012 unterbreitete Umtauschangebot nicht angenommen hatte, Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz im Hinblick auf einen im März 2012 gleichwohl vorgenommenen und ihm wirtschaftlich nachteiligen Umtausch seiner Schuldverschreibungen verlangt, als "Zivil- oder Handelssache" im Sinne der Verordnung zu verstehen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, für die Rechtsfrage, ob die Zustellung der Klage nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (im Folgenden: EuZVO) vorgenommen werden könne, sei maßgebend, ob es sich um eine Zivil- oder Handelssache im Sinne der Verordnung und damit nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele, die Art. 1 Abs. 1 S. 2 EuZVO ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Verordnung ausnehme. Dies wiederum hänge davon ab, ob im Rahmen der Auslegung der Verordnung die jeweilige Rechtsnatur der Anspruchsgrundlage für die Qualifikation der Streitigkeit als Zivilrechtsstreitigkeit maßgeblich sei oder ob stattdessen auf das entscheidungserhebliche hoheitliche Handeln der Beklagten abzustellen sei, das öffentlich-rechtlicher Natur sei. Ob die Auslegung ausschließlich von der Anspruchsgrundlage oder vom entscheidungserheblichen Kern des Rechtsstreits abhänge, habe der EuGH noch nicht entschieden. Diese Frage liege dem EuGH jedoch bereits zur Beantwortung vor, so dass ein weiteres Vorabentscheidungsersuchen in dieser Sache nicht erforderlich und die Aussetzung des Rechtsstreits angezeigt sei. Auf den Umstand, ob ein Anleger primär Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz oder - wie der Kläger - Rückzahlung nach Kündigung verlange, komme es nicht entscheidend an. Dies gelte umso mehr, als sich der Kläger jedenfalls auch auf Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung stütze.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, entgegen der Auffassung des LG habe der EuGH bereits mehrfach entschieden, dass bei der Prüfung, ob ein Rechtsstreit in den Anwendungsbereich der EuZVO falle, nur der Gegenstand dieses Rechtsstreits zu berücks...

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