Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss Amtsgerichts Nauen 11.10.2022 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

3. Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 1.500 EUR.

4. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die beschwerdeführende Antragsgegnerin wendet sich gegen die Zuweisung der Ehewohnung im einstweiligen Anordnungsverfahren an den Antragsteller, ihren Ehemann, von dem sie seit März dieses Jahres getrennt lebt. Beide Eheleute wohnten weiterhin in einem dem Antragsteller gehörenden Einfamilienhaus, zusammen mit den drei gemeinsamen fünf und zwei Jahre alten Kindern, die sie bisher in einem sog. Nestmodell in der Ehewohnung abwechselnd betreuten.

Am 14.09.2022 eskalierten die trotz Einsatzes von Familientherapeuten immer wieder auftretenden und in Anwesenheit der Kinder ausgetragenen Auseinandersetzungen der Antragsbeteiligten dergestalt, dass die fünfjährige Tochter ... im Kindergarten ihrer Erzieherin berichtete, die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller eine Tasse heißen Kaffees ins Gesicht gegossen.

Der Antragsteller hat daraufhin den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Überlassung der Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens an sich beantragt, sowie die Verpflichtung, dass die Antragsgegnerin ihm die Wohnung und die dazu gehörenden Schlüssel herauszugeben habe. Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten. Der Vorfall vom 14.09.2022 habe sich nicht so zugetragen, wie Antragsteller und ihre Tochter berichteten. Zudem sei sie zwar bemüht, könne aber wegen ihres ALG-II-Bezugs keine Wohnung finden, wohingegen der Antragsteller finanziell besser aufgestellt sei. Daher sei ihr die Wohnung während der Dauer des Getrenntlebens zuzuweisen.

Nach persönlicher Anhörung der Antragsbeteiligten und des Jugendamtes hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss, auf dessen Inhalt der Senat wegen des weiteren Sach- und Streitsandes verweist, dem Antragsteller auf seinen Antrag im Wege der einstweiligen Anordnung die Nutzung der Ehewohnung während der Dauer des Getrenntlebens zugewiesen und ist dem Widerantrag der Antragsgegnerin, ebenfalls auf Zuweisung der Ehewohnung gerichtet, nicht gefolgt.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags die Abänderung des Beschlusses dahingehend, dass die Ehewohnung vorläufig ihr zur alleinigen Nutzung zugewiesen werde. Ergänzend behauptet sie, der Antragsteller sei alkoholsüchtig und daher könnten ihm die Kinder nicht in alleiniger Obhut überlassen werden.

Sie beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Nauen vom 11.10.2022 ihr die im ... belegene Wohnung für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung zuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Seit Erlass des Beschlusses verwehrt der Antragsteller der Antragsgegnerin, die von Sozialleistungen lebt und bisher keine eigene Wohnung gefunden hat, den Zugang zum Haus. Mit Beschluss vom 10.11.2022 hat der Senat den Antrag der Antragsgegnerin auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen.

Das Jugendamt hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.

II. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist in der Sache unbegründet.

Gemäß § 1361b Abs. 1 S. 1, 2 BGB kann ein Ehegatte, der getrennt lebt, verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Der Begriff der unbilligen Härte ist dabei einzelfallbezogen auszufüllen. Aus den in der gesetzlichen Regelung hervorgehobenen Tatbeständen, die eine unbillige Härte begründen können - die Anwendung von Gewalt (§ 1361b Abs. 2 BGB) und die Beeinträchtigung des Kindeswohls (§ 1361b Abs. 1 S. 2 BGB) - ist zu folgern, dass eine Wohnungszuweisung besondere Umstände voraussetzt, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen, wie sie oft in der Auflösungsphase einer Ehe auftreten, hinausgehen und unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Ehegatten dessen Verbleiben in der Wohnung für den Ehegatten zu einer unerträglichen Belastung machen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 1. April 2022 - 2 UF 11/22 -, Rn. 12 - 14, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss v. 07.03.2019, Az. 12 UF 11/19; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 24.06.2016, Az. 6 UF 42/16; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 10.07.2015, Az. 18 UF 76/15 - juris Rn...

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