Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenvorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

Aus der Verweisung in § 1361 Abs. 3 BGB auf die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB und aus der Verweisung in § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auf § 1360a Abs. 4 BGB ergibt sich, dass auch der Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses verwirken kann. Ist anzunehmen, dass der andere Ehegatte diesen Einwand dem Vorschussanspruch entgegensetzen würde, kann von einer alsbaldigen Realisierbarkeit dieses Anspruchs nicht ausgegangen werden. Dies gilt insbesondere, wenn der um Verfahrenskostenhilfe nachsuchende Ehegatte seit fünf Jahren in einer neuen Partnerschaft lebt, § 1579 Nr. 2 BGB.

 

Normenkette

ZPO § 115

 

Verfahrensgang

AG Luckenwalde (Beschluss vom 28.02.2013; Aktenzeichen 31 F 350/12)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... in M. zu den Bedingungen eines in Dahme/Mark niedergelassenen Rechtsanwalts ratenfrei bewilligt.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Antragsgegnerin ist Verfahrenskostenhilfe ratenfrei zu bewilligen. Denn sie ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung auch nur teilweise allein aufzubringen, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114, 115 ZPO.

1. Das AG ist im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin zwar über kein einzusetzendes Einkommen, jedoch über Vermögen in Form eines einzusetzenden Anspruchs auf Verfahrenskostenvorschuss verfüge. Dies trifft hier aber nicht zu.

Nach der Vorschrift des § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO, die im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe entweder gem. § 76 Abs. 1 FamFG oder - wie hier - gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG entsprechende Anwendung findet, hat die Partei bzw. der Beteiligte Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Zum Vermögen zählen auch Ansprüche gegen Dritte auf Vorleistung (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 115 Rz. 66). Dies betrifft insbesondere den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss (Zöller/Geimer, a.a.O., § 115 Rz. 67; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rz. 162). Soweit ein solcher Anspruch besteht, ist er im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich einzusetzen. Der Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für ein gerichtliches Verfahren kann grundsätzlich im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden, § 246 Abs. 1 FamFG.

Ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss kann auch dann bestehen, wenn der Vorschusspflichtige ihn nicht in einer Summe zahlen kann, er aber nach der Vorschrift des § 115 Abs. 1, 2 ZPO, die regelmäßig auch seinen notwendigen Selbstbehalt wahrt, für eine eigene Verfahrensführung zu Ratenzahlungen in der Lage wäre. Dann kann dem vorschussberechtigten Beteiligten Verfahrenskostenhilfe auch nur gegen entsprechende Ratenzahlung bewilligt werden (BGH FamRZ 2004, 1633; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 163).

Ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss kommt insbesondere gegen den Ehegatten in Betracht. Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist gem. § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Die Vorschusspflicht besteht mit Rücksicht auf § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB auch noch bei Getrenntleben vor Rechtskraft der Scheidung (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl., Rz. 357; Zöller/Geimer, a.a.O., § 115 Rz. 67; Palandt/Brudermüller, BGB, 72. Aufl., § 1360a Rz. 10).

Die Inanspruchnahme eines insoweit leistungsfähigen Unterhaltsverpflichteten auf Verfahrenskostenvorschuss geht der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe jedenfalls dann vor, wenn der Vorschussanspruch alsbald realisierbar ist (BGH FamRZ 2008, 1842 Rz. 8). Die Durchsetzung des Anspruchs auf Verfahrenskostenhilfe muss dem Beteiligten aber zumutbar und darf nicht mit Rechtseinbußen verbunden sein. Keinem Hilfsbedürftigen ist zuzumuten, vor Beginn eines Rechtsstreits einen weiteren, unsicheren Prozess um den Verfahrenskostenvorschuss zu führen (BAG FamRZ 2006, 1117, 1119). Kommt in Betracht, dass der Beteiligte einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss hat, muss er darlegen, dass der Vorschusspflichtige den Vorschuss nicht aufbringen kann oder es ihm unzumutbar ist, den Vorschuss geltend zu machen (BGH FamRZ 2008, 1842 Rz. 8). Allerdings genügt es nicht, glaubhaft zu machen, der Pflichtige habe eine freiwillige Vorschusszahlung verweigert. Maßgebend ist vielmehr, ob der Vorschussanspruch alsbald tituliert und in der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann (OLG Zweibrücken FamRZ 2003, 1116).

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Parteien nicht nur, wie sie übereinstimmend angegeben haben, seit S...

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