Leitsatz (amtlich)

1. Ratenzahlungen auf verhängte Geldstrafen können besondere Belastungen gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO darstellen.

2. Verwarnungsgelder und Bußgelder gehören zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten und sind nicht absetzbar.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 30.06.2003; Aktenzeichen 34 F 102/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25.7.2003 gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 30.6.2003 – Aktz.: 34 F 102/03 – wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die von der Antragstellerin unter dem 25.7.2003 gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 30.6.2003 eingelegte sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig. Sie wurde insb. form- und fristgerecht, nämlich innerhalb der Notfrist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt, §§ 569 Abs. 1 S. 1, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO.

Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das AG ist zutreffend von einem anzurechnenden Einkommen der Antragstellerin i.H.v. zumindest 575,33 Euro ausgegangen, das nach § 115 ZPO die Festsetzung einer monatlichen Rate i.H.v. 225 Euro rechtfertigt. Nach ihren derzeitigen aktuellen Einkommensverhältnissen verfügt die Antragstellerin über ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.526,18 Euro. Abzuziehen sind hiervon der eigene Freibetrag i.H.v. 364 Euro, der Freibetrag gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 ZPO i.H.v. 144 Euro (Erwerbstätigenfreibetrag) sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO in Höhe der angegebenen 400 Euro. Die Kosten für Strom und Gas gehören schließlich nicht zu den Aufwendungen nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO. Sie sind in dem monatlichen Freibetrag der Partei enthalten (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 155 Rz. 37), sodass die Zahlungen an den EnBW Real i.H.v. 20 Euro unberücksichtigt bleiben.

Das AG hat darüber hinaus bereits zu Gunsten der Antragstellerin die belegten Kfz-Versicherungsbeiträge (einschl. Kasko-Versicherung) i.H.v. monatlich 42,85 Euro berücksichtigt, obwohl die Notwendigkeit eines Pkws nach den Angaben der Antragstellerin nicht erkennbar ist.

Die für Fahrten zur Arbeit mit 202,80 Euro angegebenen Werbungskosten sind nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin hat keine Angaben zur Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte sowie zum Erfordernis der Benutzung eines Pkws gemacht. Sie ist daher ihrer Mitwirkungspflicht nach § 117 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen. Bereits die Prüfung, ob Pkw-Kosten überhaupt ansetzbar sind, ist nicht möglich.

Der Abzug der als sonstige Zahlungsverpflichtungen mit 240 Euro angegebenen Verbindlichkeiten für „Mietschulden, Strafe, Landratsamt, EnBW (Strom), Rechtsanwalt” kommt nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO derzeit nicht in Betracht. Die Angaben und Belege der Antragstellerin sind auf Grund ihrer Unvollständigkeit und Ungenauigkeit nicht prüfbar. Die vermeintlichen Mietschulden wurden nicht beziffert. Erkennbar ist lediglich eine Überweisung von 100 Euro. In welchem Umfang Zahlungen erfolgten und in der Zukunft zu erfolgen haben und inwieweit die Zahlung angemessen ist, kann anhand dieser Angaben nicht geprüft werden. Ratenzahlungen auf verhängte Geldstrafen können zwar als besondere Belastungen anerkannt werden (OLG Hamburg v. 16.6.2000 – 12 WF 98/00, FamRZ 2001, 235), jedoch ist anhand des bloßen Hinweises auf eine „Strafe” unter Vorlage eines Überweisungsauftrages i.H.v. 50 Euro an die Kreisverkehrswacht e.V. Tübingen nicht erkennbar, dass die Zahlung auf eine Geldstrafe und nicht auf einen Bußgeldbescheid erfolgte. Verwarnungsgelder und Bußgelder gehören zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten und sind nicht absetzbar. Die Überweisung von 20 Euro an das Landratsamt hat außer Ansatz zu bleiben, da deren Grund nicht dargelegt und belegt wurde. Soweit schließlich die Zahlung von 50 Euro an den hiesigen Prozessbevollmächtigten belegt wurde, ist nicht erkennbar, dass es sich um eine Vergütung für einen anderes Verfahren handelt. Für das hiesige Verfahren hat die Antragstellerin Prozesskostenhilfe beantragt und unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten durch den angefochtenen Beschluss des AG bewilligt erhalten, sodass eine Vorschusszahlung an den Verfahrensbevollmächtigten nicht veranlasst ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bewirkt nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Vergütungsansprüche gegen die Partei nicht geltend machen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Behnert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1103858

FamRZ 2004, 646

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