Leitsatz (amtlich)

Ein auf das Inlandsvermögen beschränkter Erbschein kann auch bei einer Erbfolge nach deutschem Erbrecht beantragt werden. Entsprechend setzt § 2369 Abs. 1 BGB nicht mehr die Anwendung ausländischen Erbrechts voraus. Vielmehr ist nach dem neuen Wortlaut der Norm für den gegenständlichen beschränkten Erbschein nur erforderlich, dass sowohl im Ausland als auch im Inland Nachlassgegenstände vorhanden sind.

Für die Anwendbarkeit des § 2369 Abs. 1 BGB genügt trotz der Verwendung des Plurals ein einziger auslandsbelegener Nachlassgegenstand. Dabei handelt es sich um eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung.

Gehört zum Nachlass kein im Ausland belegenes Vermögen, ist für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheines i.S.d. § 2369 Abs. 1 BGB kein Raum. Einem dahingehenden Antrag fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis.

 

Normenkette

BGB § 2369 Abs. 1; FamFG §§ 105, 343

 

Verfahrensgang

AG Fürstenwalde (Beschluss vom 03.05.2011; Aktenzeichen 22 VI 100/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Fürstenwalde vom 3.5.2011 - 22 VI 100/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zurückweisung des Erbscheinsantrages als unzulässig erfolgt ist.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 5.700 EUR

 

Gründe

I. Der Erblasser R. S. war mit B. S. verheiratet und lebte mit ihr im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder, der Antragsteller und K. W., hervorgegangen. Der Antragsteller hat beim AG Fürstenwalde die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheines, der nach § 2369 Abs. 1 BGB auf den im Inland befindlichen Nachlass beschränkt sein soll, beantragt. Im Erbscheinsantrag hat er erklärt, dass eine Verfügung von Todes wegen nicht existent, ein Rechtsstreit über das Erbrecht nicht anhängig sei und die Erben die Erbschaft angenommen hätten. Zum Nachlass gehörten keine Gegenstände, die sich im Ausland befänden.

Die Rechtspflegerin beim AG Fürstenwalde hat die Erteilung eines auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkten Erbscheines durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des § 2369 Abs. 1 BGB n.F. lägen nicht vor, weil - nach der Erklärung des Antragstellers - sich keine Gegenstände im Ausland befänden. Voraussetzung für die Erteilung eines beschränkten Erbscheines nach § 2369 Abs. 1 BGB sei ein entsprechender Antrag und die Angabe, dass inländische und ausländische Nachlassgegenstände vorhanden seien. Da es vorliegend keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass Nachlassgegenstände im Ausland vorhanden seien, fehle es bereits am Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins.

Der am 1.6.2011 eingegangenen Beschwerde gegen den am 4.5.2011 zugestellten Beschluss des AG Fürstenwalde hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Beschwerde dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 58 Abs. 1, 352 FamFG statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist gem. §§ 63, 64 FamFG eingelegt worden, mithin zulässig.

Sachlich zuständig für die Erteilung des Erbscheins ist das Nachlassgericht und funktionell grundsätzlich der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 2c RpflegerG). Einer der in § 16 Abs. 1 Nr. 6 RpflegerG bestimmten Richtervorbehalte greift hier nicht ein, da ein Erbschein in gesetzlicher Erbfolge nach deutschem Recht beantragt worden ist.

In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheines abgelehnt.

Zu Recht ist die Rechtspflegerin davon ausgegangen, dass es für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheines i.S.d. § 2369 Abs. 1 BGB bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheines nach § 2369 Abs. 1 BGB liegen nicht vor.

Durch das neue Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), das zum 1.9.2009 in Kraft getreten ist, wurde der früher geltende - gewohnheitsrechtlich anerkannte - Gleichlaufgrundsatz aufgegeben. Danach war die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte nur gegeben, wenn auch deutsches materielles Erbrecht (Art. 25 EGBGB) zur Anwendung kam. Demgegenüber ergibt sich nunmehr aus § 105 FamFG, dass bei Fehlen besonderer vorrangiger Regelungen, etwa aufgrund von Staatsverträgen, sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte immer nach der örtlichen i.S.d. § 343 FamFG bestimmt. Dadurch kommt es zu einer Ausweitung der internationalen Zuständigkeit der Nachlassgerichte. Denn die deutschen Gerichte sind nach dem FamFG auch zuständig, wenn ein ausländischer Erblasser über in Deutschland belegenes Vermögen verfügte, selbst wenn er zurzeit des Erbfalls weder einen Wohnsitz noch Aufenthalt im Inland hat (§ 343 Abs. 3 FamFG). Damit beansprucht ...

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