Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterliche Sorge: Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Beantragung öffentlicher Leistungen und Hilfen

 

Normenkette

BGB §§ 1666, 1666a, 1680 Abs. 2-3; GG Art. 6 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 01.07.2013)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des AG Frankfurt/O. vom 1.7.2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Minderjährige M. B. wurde am ... 3.2005 geboren. Alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge war die Mutter, bei der M. vor seiner Aufnahme in die Wohneinrichtung "K. l" im Mai 2012 lebte. Sein Halbbruder P., geboren am ... 12.1992, hat eine eigene Wohnung in ... Die nicht miteinander verheirateten Eltern leben getrennt. Der Vater hat zu M. derzeit keinen Kontakt.

M. war bereits vom 19.12.2007 bis zum 3.2.2009 in einer Pflegefamilie untergebracht und lebte vom 23.12.2009 bis zum 14.2.2011 in Heimerziehung.

Seit August 2011 besucht M. die L.-Grundschule in ... Im Februar 2012 teilte die Schule dem Jugendamt mit, dass M. wiederholt verspätet zur Schule gebracht werde und auch häufiger ganz fehle. Aus der Nachbarschaft wurde etwa in demselben Zeitraum mitgeteilt, dass es Feiern bei der Mutter oder deren Nachbarn gebe und M. bis Mitternacht wach sei. Der Fahrdienst für den Schulbesuch berichtete am 10.5.2012, dass die Mutter morgens alkoholisiert gewesen sei. Die Schule berichtete, dass sie M. wiederholt nicht geweckt und auf die Einnahme seines Medikaments, das er wegen einer ADHS nehmen müsse, nicht geachtet habe.

Auf Anregung des Jugendamtes entzog das AG Frankfurt/O. im Wege der einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 14.5.2012 (5.1. F 327/12) der Mutter die elterliche Sorge und bestellte das Jugendamt zum Amtsvormund. Im Anhörungstermin am 18.6.2012 erklärte sich die Mutter mit der Fremdunterbringung von M. bis zur Entscheidung in der Hauptsache einverstanden. Daraufhin wurde das Anordnungsverfahren für erledigt erklärt.

Im hier geführten Verfahren hat das AG mit Beschluss vom 25.6.2012 ein Sachverständigengutachten zur Frage der Sorge- und Erziehungsfähigkeit der Mutter, der Rückführung des Kindes in den Haushalt der Mutter sowie außerdem der Frage eingeholt, welche Schritte der Situation des Kindes angemessen sind. Die Sachverständige M. hat in ihrem Gutachten vom 5.4.2013 ausgeführt, dass die Erziehungsfähigkeit der Mutter erheblich eingeschränkt sei, da sie mit einer adäquaten Erziehung überfordert sei und insoweit ambulante Hilfen derzeit nicht ausreichend seien. Nach Anhörung der Beteiligten hat das AG der Mutter durch den angefochtenen Beschluss vom 1.7.2013 das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie den Teilbereich der elterlichen Sorge betreffend die Beantragung von öffentlichen Leistungen und Hilfen entzogen und das Jugendamt ... zum Pfleger bestellt. Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Mutter.

Sie trägt vor:

Das AG habe verkannt, dass ein Entzug der elterlichen Sorge nur zulässig sei, wenn eine Gefährdung des Kindeswohls vorliege, eine Schädigung des Kindes also mit ziemlicher Sicherheit voraussehbar sei. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Ihre depressive Erkrankung habe sich stabilisiert. Sie sei in der Lage, den Alltag mit nur leichten Einschränkungen zu bewältigen. Hierzu trage auch ihre feste Partnerschaft bei. Sie habe sich mit dem C. Verband ... e.V. in Verbindung gesetzt und dort bereits einige Beratungstermine wahrgenommen, die ihre Erziehungskompetenz stärkten. Sie sei in der Lage, sich ausreichend gegenüber M. durchzusetzen. Der Vorwurf, sie habe M. entgegen der Empfehlung der Wohneinrichtung mit Süßigkeiten überhäuft, sei unzutreffend. Ihrer Einschätzung nach habe sich das aggressive Verhalten von M. während der Unterbringung in der Einrichtung eher verstärkt. Zudem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt, da Leistungen der Familienhilfe ausreichend seien.

Die Mutter beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Der Senat hat eine aktuelle Stellungnahme des Jugendamtes. sowie der Verfahrensbeiständin eingeholt. Auf die Stellungnahmen vom 22.10.2013 und 4.11.2013 wird verwiesen. Das Jugendamt hat ergänzend einen Entlassungsbericht des Klinikums. vom 7.10.2013 über einen stationären Aufenthalt von M. im Zeitraum vom 23.4.2013 bis zum 20.6.2013 übersandt, auf den ebenfalls verwiesen wird.

Der Senat hat ferner die Eltern, das Kind, die Verfahrensbeiständin und die Vertreterinnen des Jugendamtes. persönlich angehört. Insoweit wird auf den Anhörungsvermerk zum Senatstermin vom 21.1.2014 Bezug genommen.

II. Die gemäß den §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter ist nicht begründet. Das AG hat der Mutter zu Recht das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht, öffentliche Leistungen und Hilfen zu beantragen, entzogen und dem Jugendamt übertragen.

1. Gemäß § 1666 BGB ist Voraussetzung für ein gerichtliches Eingreifen...

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