Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur groben Unbilligkeit der Durchführung eines Versorgungsausgleiches.

 

Normenkette

BGB § 1587c

 

Verfahrensgang

AG Senftenberg (Aktenzeichen 32 F 93/96)

 

Tenor

Der Tenor des angefochtenen Urteils wird zu Ziffer 2. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Von dem Versicherungskonto der verstorbenen Ma. P. bei der Beteiligten zu 1. Vers.-Nr. … werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2. Vers.-Nr.: … angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 22,86 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Juli 1996, übertragen.

Die zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen. Der aktuelle Rentenwert (Ost) zum Ende der Ehezeit, nämlich 38,38, ist für die Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) mit dem Angleichungsfaktor 1,0578030 zu vervielfältigen.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Beschwerdewert wird auf 2.801,45 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsgegner und die am 21. Juli 1999 verstorbene vormalige Antragstellerin haben am 11. September 1954 vor dem Standesbeamten in R. die Ehe geschlossen, aus der gemeinsame Kinder nicht hervorgegangen sind. Die Eheleute lebten, wie insbesondere ihre persönliche Anhörung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 11. März 1999 ergeben hat, spätestens seit Januar 1959 voneinander getrennt. Im Jahre 1960 verzog der Antragsgegner aus dem Gebiet der ehemaligen DDR in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner am 2. August 1996 zugestellt worden.

Der Antragsgegner bezieht aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Alters.

Mit einem am 8. Mai 1998 verkündeten Urteil hat das Amtsgericht Senftenberg die Ehe geschieden – insoweit ist das Urteil mittlerweile rechtskräftig – und zugleich den Versorgungsausgleich unter Zugrundelegung der von den beteiligten Rentenversicherungsträgern für die Ehezeit vom 1. September 1954 bis 31. Juli 1996 erteilten Auskünfte durchgeführt. Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richten sich die von der Antragstellerin und der Beteiligten zu 2. eingelegten Beschwerden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gem. § 621 e ZPO zulässigen Beschwerden haben auch in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich in fehlerhafter Weise durchgeführt.

1.

Der Durchführung des Versorgungsausgleichs gem. §§ 1587a ff BGB steht der im laufenden Beschwerdeverfahren eingetretene Tod der vormaligen Ehefrau des Antragsgegners nicht entgegen.

Das Verfahren zum Versorgungsausgleich wird lediglich durch den Tod des Berechtigten beendet, nicht aber durch den Tode des Verpflichteten, § 1587 e Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 BGB. Aus den bislang zum Versorgungsausgleich eingeholten Einkünften der beteiligten Rentenversicherungsträger ergibt sich jeweils die Ausgleichsberechtigung des Antragsgegners. Dessen Anspruch ist daher gegen die Erben seiner verstorbenen geschiedenen Ehefrau, hier also gegen die jetzige Antragstellerin, geltend zu machen (vgl. auch § 1587 e Abs. 4 Satz 2 BGB). An die Stelle des verstorbenen Ausgleichsverpflichteten treten dessen Erben, wobei zur Fortführung des Prozesses die Erben quasi in Prozessstandschaft fungieren, da die an sich höchstpersönlichen und deshalb nicht auf die Erben übergehenden Rentenansprüche als fortbestehend fingiert werden (vgl. auch BGH FamRZ 1984, 467, 468; Palandt-Brudermüller, BGB, 60. Aufl. 2001 § 1587e Rn. 10).

2.

Der gem. §§ 1587 BGB durchzuführende Versorgungsausgleich ist teilweise ausgeschlossen, da seine vollständige Durchführung grob unbillig wäre, § 1587 c Nr. 1 BGB.

Grobe Unbilligkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn aufgrund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleiches dem Grundgedanken des Versorgungsausgleiches in unerträglicher Weise widersprechen würde (BGHZ 74, 38, 83; Palandt-Brudermüller a. a. O. § 1587 c, Rn. 4). Wegen des grundsätzlichen Schutzes des Bestandes der Ehe ist der Versorgungsausgleich auch bezüglich der während der Trennungszeit erworbenen Anrechte durchzuführen (MünchKomm-Dörr, BGB, 4. Aufl. 2000 § 1587 c Rn. 30). Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Versorgungsausgleich im Grundsatz auf der Überlegung beruht, dass der Erwerb der beiderseitigen Versorgungsanrechte auch das Ergebnis der gemeinschaftlichen Lebensführung der Parteien ist. Verselbstständigen sich die Parteien während der Trennungszeit, so geben sie hierdurch die Versorgungsgemeinschaft letztendlich auf. In derartigen Fällen kann es gerechtfertigt sein, bei einer langjährigen Trennungszeit eine Beschränkung des Versorgungsausgleiches unter Anwendung der allgemeinen Billigkeitsklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB bis hin zu einem vollständigen Auss...

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