Rz. 12

Die ausschließliche internationale Zuständigkeit der bosnisch-herzegowinischen Gerichte in Erbsachen bestand nach dem IPRG für in BuH gelegene Grundstücke, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Erblassers, und zwar für bosnisch-herzegowinische Angehörige Art. 71 Abs. 1, für Ausländer Art. 72 Abs. 1 und für staatslose Ausländer Art. 73 Abs. 1 IPRG. Die Bestimmung über die Gerichtszuständigkeit sollte im Lichte der neuen Ordnung des Nachlassverfahrens betrachtet werden. In BuH wurde in allen drei Teilen das Notariat des lateinischen Typus eingeführt[27] mit dem Ziel, im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Gerichte zu entlasten.[28] Die Nachlassverfahren werden von den Nachlassgerichten an die Notare übertragen, solange es sich um unstreitige Verfahren handelt, Art. 200 Abs. 3 ErbG FBuH, Art. 94 Abs. 3 und Art. 145 Abs. 1 AußerstVG RS, Art. 205 Abs. 1 ErbG BD BuH. Trotzdem wird hier von "Gerichtszuständigkeit" gesprochen, da sich die Zuständigkeit der Notare nach der Gerichtszuständigkeit richtet: Die Nachlassgerichte übergeben die Nachlasssachen an die Notare, deren Amtssitz sich in dem Zuständigkeitskreis des jeweiligen Gerichts befindet (Art. 261 ErbG FBuH, Art. 145 Abs. 1 AußerstVG RS), bzw. im Brčko Distrikt BuH an die Notare, welche ihren Amtssitz im Distrikt haben (Art. ErbG BD BuH).[29]

 

Rz. 13

Für alle anderen Nachlassfälle besteht nach dem IPRG keine ausschließliche Zuständigkeit der bosnisch-herzegowinische Gerichte. Für das Nachlassverfahren über Grundstücke, die sich im Ausland befinden und deren Eigentümer ein BuH-Bürger ist, kann ein Gericht in BuH nur dann zuständig sein, wenn nach dem Recht dieses Staates keine Zuständigkeit seiner Gerichte besteht, Art. 71 Abs. 2 IPRG. Diese Norm ist in der Republik Srpska und Brčko Distrikt BuH derogiert (siehe Rdn 15).

 

Rz. 14

Besteht der Nachlass aus beweglichen Sachen, ist die Zuständigkeit der bosnisch-herzegowinischen Gerichte gegeben, wenn sich diese Sachen in BuH befinden und der Erblasser bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger ist, Art. 71 Abs. 3 IPRG. Handelt es sich um einen Ausländer, ist das bosnisch-herzegowinische Gericht nur dann zuständig, wenn in einer parallelen Situation (bewegliche Sachen des bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen befinden sich im anderen Land) die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts für die Nachlassabwicklung des bosnisch-herzegowinischen Bürgers bestünde, Art. 72 Abs. 2 IPRG. Diese Regelung wird noch nur in der Föderation BuH angewendet (siehe Rdn 15). Auch gilt nur noch in der Föderation BuH die Regelung, nach welcher die bosnisch-herzegowinischen Gerichte auch dann zuständig sind, wenn sich die beweglichen Sachen nicht in BuH befinden, aber der Erblasser BuH-Staatsbürger ist und die Organe des Staates des Lageortes nach dem Recht dieses Staates nicht dafür zuständig sind, oder sie sich weigern, das Verfahren zu führen, Art. 71 Abs. 3 IPRG. Sollte ein solcher Fall auftreten, kommt in der Republik Srpska und Brčko Distrikt BuH nicht das IPRG zur Anwendung, sondern die Gesetze der Republika Srpska und des Brčko Distrikts BuH; allerdings ist die entsprechende Norm mit der Norm des IPRG identisch, Art. 96 Abs. 2 AußstVG RS, Art. 206 Abs. 2 ErbG BD BuH.

 

Rz. 15

Das ErbG FBuH, ErbG BD BuH und AußstVG RS enthalten Bestimmungen über die Gerichtszuständigkeit (sachliche und örtliche). Dabei regeln das ErbG BD BuH und das AußstVG RS einige Aspekte der internationalen Zuständigkeit der Gerichte. Das ErbG FBuH enthält keine Bestimmungen darüber und dort gelten Art. 71 und 73 IPRG unverändert weiter. Die Regelung der internationalen Zuständigkeit in der Republik Srpska und dem Brčko Distrikt BuH weicht von dem IPRG ab, wobei nicht alle Fragen, die durch das IPRG abgedeckt waren, in diesen zwei Gesetzen geregelt worden sind. Als leges posteriores derogieren sie manche Bestimmungen des IPRG über die internationale Zuständigkeit, aber nicht alle. Dies ruft die Frage hervor, ob die Normen des IPRG, die Fragen regeln, welche jetzt nicht durch das AußstVG RS bzw. ErbG BD BuH geregelt sind, noch immer gelten oder ob die hiesigen Gesetzgeber nur einen Teil der Fragen der internationalen Zuständigkeit geregelt und den Rest bewusst ausgelassen haben. Die zweite Antwort würde dazu führen, dass einige Rechtslücken entstehen. Allerdings – da in einem Artikel örtliche und internationale Zuständigkeit geregelt worden sind – erweckt dies eher den Eindruck, dass die Gesetzgeber in der Republik Srpska und Brčko Distrikt zwischen diesen Zuständigkeiten nicht unterschieden haben. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass nur die Zuständigkeit in Bezug auf Bürger dieser beiden Teile Bosnien und Herzegowinas geregelt wurde. Die Zuständigkeit für den Fall, dass es sich um einen Ausländer handelt, welcher sein Vermögen dort hatte, wurde nicht geregelt. Darüber hinaus wäre es in einem Mehrrechtsstaat wie BuH wünschenswert, dass das internationale Privatrecht auf Bundesebene geregelt wird und dass die Gesetze der Republik Srps...

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