Rz. 74

Die FBiH hat mit anderen Staaten keine Abkommen über die Anerkennung von Scheidungen aus dem jeweils anderen Land. Deshalb richtet sich die Anerkennung im Ausland erfolgter Scheidungen nach dem diesbezüglichen autonomen Recht der FBiH (bzw. der RS). Gemäß Art. 86 Abs. 1 des IPR-Gesetzes ist hierfür eine förmliche Anerkennung erforderlich. Anders als bei normalen Zivilurteilen ist bei Entscheidungen in Ehesachen die Gegenseitigkeit – die i.Ü. gem. Art. 92 Abs. 3 des IPR-Gesetzes bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird – nicht erforderlich, wenn die Anerkennung dieser Entscheidung von einem Staatsangehörigen Bosnien und Herzegowinas beantragt wird. Ebenfalls anders als bei normalen Zivilurteilen ist das Bestehen der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte oder eines sonstigen Organs der FBiH bei Entscheidungen in Ehesachen auch dann kein Hindernis, wenn sich der Beklagte der Anerkennung nicht widersetzt (Art. 89 Abs. 2).

 

Rz. 75

Im Übrigen gelten die sonstigen, international wohl weitgehend üblichen Anerkenntnishindernisse (Nichtgewährung rechtlichen Gehörs, Verstoß gegen den ordre public;[42] Art. 88, 91 des IPR-Gesetzes).

 

Rz. 76

Hinsichtlich des umgekehrten Falles einer Anerkennung von in BiH erfolgten Scheidungen in Deutschland ist hier aus deutscher Sicht jeweils gesondert zu prüfen, ob möglicherweise ein Fall vorliegt, in dem deshalb keine "Heimatentscheidung" i.S.v. Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 3 FamRÄndG vorliegt, weil Ehegatten, die früher beide die Staatsangehörigkeit des ehemaligen Gesamtjugoslawiens hatten, durch den Zerfall dieses Staates nun verschiedene Staatsangehörigkeiten haben.[43] Außerdem ist hinsichtlich bosnisch-herzegowinischer Scheidungsurteile, die nach dem Abkommen von Dayton erlassen wurden, festzuhalten, dass es seither keine konkurrierenden Souveränitätsansprüche zwischen Dachstaat und Gebietseinheiten mehr gibt. Die in derselben Entscheidung angesprochene diesbezügliche Problematik stellt sich also heute nicht mehr.

[42] Im geltenden Gesetzestext ist diesbezüglich noch von der "durch die Verfassung der SFRJ festgelegten Grundlagen der gesellschaftlichen Ordnung" die Rede; vgl. z.B. die von Krneta/Muminović/Bikić herausgegebene Textausgabe "Temeljni Zakoni iz oblasti gradjanskog prava" (Grundlegende Gesetze aus dem Bürgerlichen Recht), Sarajevo 1997, S. 354.
[43] Vgl. dazu Präsidentin des OLG Frankfurt/Main FamRZ 1996, 124 und Hohloch, Staatsexistenz und internationale Zuständigkeit, FamRZ 1996, 96 ff.

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