Das SchVG 1899, das regelte, auf welche Weise die Gläubiger einer Anleihe auf die in den Schuldverschreibungen verbrieften Rechte durch Änderung der Anleihebedingungen einwirken konnten, erwies sich insbesondere in Krisenzeiten und erst recht während eines laufenden Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Anleiheschuldners als zu restriktiv, indem es eine Aufgabe oder Beschränkung der Rechte der Gläubiger nur zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder einer Insolvenz des Emittenten erlaubte (§ 11 SchVG 1899). Für eine erfolgversprechende Sanierung war es dann häufig zu spät, da entsprechende Beschlüsse der Anleihegläubiger nicht erst bei unmittelbar bevorstehender Insolvenzreife zu fassen sind.[5] Darüber hinaus erwies sich als praxisfern, dass als Sanierungsbeitrag nur eine Stundung der Hauptforderung oder eine Ermäßigung der Zinsen – jeweils befristet auf einen Zeitraum von maximal drei Jahren – in Betracht kam (§ 11 SchVG 1899). Ein – auch teilweiser – Verzicht auf die Hauptforderung, wie er regelmäßig bei Sanierungsversuchen auch von anderen Gläubigern gefordert wird, war demnach ausgeschlossen.[6] Weiter wurde der Anwendungsbereich des Gesetzes, der nur inländische Emittenten einschloss (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SchVG 1899), als zu eng empfunden. Insbesondere war hierdurch eine Anwendung des SchVG 1899 auf ausländische Finanzierungsgesellschaften, deren Einschaltung häufig steuerlich motiviert war,[7] nicht möglich.[8] Auch wurde vermehrt die Frage gestellt, inwieweit die Anleihebedingungen der AGB-Inhaltskontrolle unterliegen.[9] Schließlich wurden die Verfahrensregelungen des Gesetzes, die seit Jahrzehnten nicht an die modernen Kommunikationsformen angepasst worden waren, als veraltet kritisiert.[10]
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