Rn 2

Die Vorschrift enthält eine Legaldefinition des Begriffs der Anleihebedingungen. Danach handelt es sich hierbei um Bedingungen, die die Leistung sowie die Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger beschreiben. Die Anleihebedingungen enthalten üblicherweise Regelungen über den Emissionsbetrag, den Ausgabepreis, die Währung, das anwendbare Recht, die Art und die Höhe der Verzinsung, die Laufzeit, die Fälligkeit und die Möglichkeit der Kündigung.[1]

Die Anleihebedingungen müssen sich, soweit nicht die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung von Satz 2 vorliegen (Sammelurkunden i.S.v. § 9 a DepotG), aus der Urkunde ergeben. In der Legaldefinition ist damit das aus dem "allgemeinen Wertpapierrecht" der §§ 793 ff. BGB bekannte Skripturprinzip verankert, wonach sich der Inhalt des verbrieften Rechts vollständig aus der (umlauffähigen) Urkunde ergeben muss.[2] Anhand der Schuldverschreibungsurkunde muss der Anleihegläubiger also erkennen können, welche Rechte ihm die Urkunde gegen den Emittenten gewährt.[3] Ohne Verbriefung der Forderung ist das SchVG nicht – auch nicht analog – anwendbar. Ist eine Verbriefung erfolgt, kommt es auf deren Art (Einzel- oder Sammelurkunde) nicht an.[4] Vorgaben für die genaue inhaltliche Ausgestaltung der Anleihebedingungen macht § 2 nicht.

 

Rn 3

Satz 2 beinhaltet eine Ausnahme vom Skripturprinzip für den Fall, dass die Urkunde nicht zum Umlauf bestimmt ist. In einer solchen Konstellation kann in ihr auch auf außerhalb der Urkunde niedergelegte Anleihebedingungen Bezug genommen werden. Die Ausnahmeregelung kommt insbesondere bei der heute weithin üblichen Sammelverwahrung von Schuldverschreibungen zum Tragen.[5] Im Fall von § 2 Satz 2 müssen die in Bezug genommenen Anleihebedingungen nach zutreffender Ansicht nicht zusammen mit der Globalurkunde verwahrt werden.[6] Ob aufgrund der Regelung in Satz 2 auch eine sog. dynamische Verweisung auf das jeweils gültige Dokument möglich ist oder ob nur bereits veröffentlichte Dokumente in die Anleihebedingungen einbezogen werden können, ist durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt.[7]

 

Rn 4

In Satz 3 wird die Geltung des Skripturprinzips noch einmal bekräftigt, indem geregelt wird, dass Änderungen des Inhalts der Urkunde oder Anleihebedingungen nach Abschnitt 2 des Gesetzes erst wirksam werden, wenn sie in der Urkunde oder in den Anleihebedingungen vollzogen worden sind.[8] Das stellt im Vergleich zum SchVG 1899 insofern eine Änderung dar, als vormals gem. § 9 Abs. 1 SchVG 1899 die notarielle Beurkundung des Protokolls über den Gläubigerbeschluss für dessen Wirksamkeit genügte. Heute erfordert die Änderung der Anleihebedingungen oder des Inhalts der Urkunde, dass sie in der Urkunde oder in den Anlagebedingungen vollzogen sein müssen. Das meint im Regelfall der Sammelverwahrung, dass die Niederschrift über die Beschlussfassung der Gläubiger den verwahrten Urkunden beizufügen ist. Wegen der Einzelheiten zur Vollziehung von Beschlüssen der Gläubigerversammlung wird auf die Kommentierung zu § 21 verwiesen.

[1] Fischer, WM 2018, 1529.
[2] Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 16/12 814, S. 17.
[3] Schmidt/Schrader, BKR 2009, 397, 398.
[4] BGH, Urteil vom 22.3.2018, NJW 2018, 2193 ff. = NZI 2018, 482 ff. [BGH 22.03.2018 - IX ZR 99/17] m. Anm. Vos; Fischer, WM 2018, 1529.
[5] Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 16/12 814, S. 17.
[6] BeckOGK-SchVG/Vogel, § Rn. 31 f.
[7] Zum Streitstand: BeckOGK-SchVG/Vogel, § Rn. 34 ff.
[8] Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 16/12 814, S. 17.

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