Rn 1

Ebenso wie die Absonderungsrechte an einzelnen Massegegenständen oder die Abwicklung schwebender Verträge zu Verminderungen der Insolvenzmasse führen, entzieht auch eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mögliche Aufrechnung der Masse Forderungen und damit Substanz, da im Gegenzug bei einer Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger die Schuldenmasse nur um eine Insolvenzforderung reduziert wird, mit der ohnehin meist nur eine Quotenerwartung verbunden ist. Da mit den dargestellten Instrumentarien einzelne Insolvenzgläubiger gegenüber anderen auf Kosten der Insolvenzmasse bevorteilt werden, müssen die Ausnahmen vom Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auf die nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften geschützten Fälle beschränkt werden. Folgerichtig hat der Gesetzgeber mit der Neufassung der insolvenzrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung in den §§ 9496 die ursprünglich noch in der KO und VerglO jeweils in § 54 enthaltenen teilweise erheblichen Vorzugsstellungen abgebaut.

Wegen des in den allgemeinen Vorschriften der §§ 389, 392 und 406 BGB enthaltenen Schutzes einer einmal begründeten Aufrechnungslage verbleibt es dabei auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, d.h., wer vor Verfahrenseröffnung aufrechnen konnte, kann dies auch noch nach Verfahrenseröffnung tun. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der neuen insolvenzrechtlichen Vorschrift sind von diesem Schutz nunmehr auch vertraglich vereinbarte Aufrechnungslagen umfasst.[1] Eingeschränkt wird dieser umfassende Schutz einer bei Verfahrenseröffnung bestehenden Aufrechnungslage nur durch die Gläubigergleichbehandlungsmaxime, so dass in anfechtbarer Weise erlangte Aufrechnungslagen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 keinen Bestand haben, ohne dass es einer aktiven Anfechtung durch den Insolvenzverwalter nach den §§ 130 ff. bedarf.

 

Rn 2

Entgegen dem an manchen Stellen missverständlichen Gesetzeswortlaut enthalten die §§ 9496 keine Regelungen zu einer Aufrechnung durch den Insolvenzverwalter.

Die Vorschriften sind ausschließlich auf die Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger bzw. Neugläubiger (§ 96 Abs. 1 Nr. 4) ausgerichtet. Die Aufrechnungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters richten sich dagegen nach allgemeinen insolvenzrechtlichen oder zivilrechtlichen Vorschriften.[2]

[1] Vgl. BegrRechtsA, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 275.
[2] Vgl. dazu § 95 Rn. 9 f.

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