Rn 1

Im Gegensatz zu § 92, der im neuen Insolvenzrecht lediglich die zuvor bereits von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgedanken festschreibt, enthält § 93 eine echte Neuerung in Form einer bislang unbekannten zusätzlichen Konzentration der verschiedenen Haftungsansprüche beim Insolvenzverwalter.

Nach dem Recht der KO konnte im Konkurs einer Personengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien die persönliche Haftung der Gesellschafter, z.B. aus § 128 HGB im Fall einer OHG, von den Gesellschaftsgläubigern geltend gemacht werden. Eine Ausnahme hiervon stellte lediglich § 171 Abs. 2 HGB bezüglich der Haftungsansprüche gegen Kommanditisten einer KG dar. Die Verfolgung aller übrigen Haftungsansprüche gegen einzelne Gesellschafter war dagegen nicht durch die Insolvenz der Gesellschaft eingeschränkt, so dass regelmäßig im Gesellschaftskonkurs ein Wettrennen der Gläubiger zur Realisierung der daneben bestehenden persönlichen Haftung der Gesellschafter begann. Bei dieser ungeordneten Vorgehensweise blieben meist die großen und leistungsfähigen Gläubiger Sieger gegenüber den anderen Gläubigern, denen ein Zugriff erst möglich war, nachdem die Leistungsfähigkeit des Gesellschafters nicht mehr gegeben war.

Nach dem Vorbild des § 171 Abs. 2 HGB ist mit § 93 diese als unbefriedigend erkannte Situation für alle Insolvenzen von Gesellschaftern beseitigt worden, bei denen neben der Gesellschaft zumindest ein Gesellschafter persönlich haftet. Die Geltendmachung dieser persönlichen Haftung ist in das Insolvenzverfahren einbezogen und ausschließlich dem Insolvenzverwalter übertragen worden. Dies erschien dem Gesetzgeber gerechtfertigt, da die persönliche Haftung der Gesellschafter ebenso wie die Haftung im Falle eines Gesamtschadens nach § 92 gleichmäßig den Gesellschaftsgläubigern zugute kommen soll, denen auch der Gesellschafter persönlich haftet. Die Vorschrift leistet also einen weiteren Beitrag zur Sicherung einer bestmöglichen Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger und verhindert, dass sich einzelne Gesellschaftsgläubiger durch einen schnelleren Zugriff auf den persönlich haftenden Gesellschafter Sondervorteile gegenüber anderen Gläubigern verschaffen.[1] Neben dem Ziel der Verbesserung der Gläubigergleichbehandlung verfolgt die Vorschrift das Ziel, für eine echte zusätzliche Masseanreicherung im neuen Insolvenzverfahren zu sorgen und durch die Realisierung der persönlichen Haftung der Gesellschafter zugunsten der Insolvenzmasse zukünftig zu verhindern, dass Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Gesellschaftsvermögen mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen werden müssen, obwohl ein persönlich haftender Gesellschafter über ausreichendes bzw. freies Vermögen verfügt,[2] auf das die Gläubiger dann nach Beendigung des Insolvenzverfahrens nach dem Windhundprinzip zugreifen.

Daneben enthält das Gesetz in § 334 Abs. 1 eine parallele Regelung für die Insolvenz über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft.

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 273 f. = BT-Drs. 12/2443, S. 140.
[2] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 274 = BT-Drs. 12/2443, S. 140. Siehe zu diesem Ziel kritisch unten bei Fn. 21.

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