2.1 Initiativrechte

 

Rn 2

Die Entlassung eines Ausschussmitgliedes kann zunächst von Amts wegen durch das Insolvenzgericht selbständig betrieben werden. Zwar ist der Gläubigerausschuss nicht gegenüber dem Insolvenzgericht verantwortlich und auch nicht zu dessen laufender Information über seine Amtsgeschäfte verpflichtet, jedoch können dem Gericht Tatsachen bekannt werden, welche die Entlassung eines Gläubigerausschussmitglieds rechtfertigen. Das Gericht hat in diesem Fall gemäß § 5 Abs. 1 die Pflicht, geeignete Ermittlungen anzustellen, um die Berechtigung der gegenüber dem Gläubigerausschussmitglied erhobenen Vorwürfe zu klären. Dabei dürfte es sich um eine Amtspflicht i.S.d. § 839 BGB, Art. 34 GG handeln, da Pflichtwidrigkeiten von Gläubigerausschussmitgliedern ganz erhebliche wirtschaftliche Nachteile für die Insolvenzmasse nach sich ziehen können. Dabei werden Ermittlungen in dem Umfang durchgeführt werden müssen, der dann eine sinnvolle Anhörung des betroffenen Ausschussmitglieds ermöglicht.

 

Rn 3

Daneben kann eine Entlassung auch auf Antrag des jeweiligen Ausschussmitglieds selbst oder der Gläubigerversammlung erfolgen. Letzteres dürfte praktisch kaum relevant werden, da der Gläubigerversammlung gemäß § 68 Abs. 2 regelmäßig eine einfachere Möglichkeit zur Verfügung steht, das betreffende Ausschussmitglied abzuberufen, die zudem nicht beschwerdefähig ist. Im Hinblick auf die gesetzlichen Entlassungsvoraussetzungen ist ein entsprechender Antrag zu begründen; die darin aufgeführten Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Neben dem formellen Entlassungsantrag bleibt es dem Insolvenzgericht natürlich unbenommen, über den Antrag hinaus von Amts wegen tätig zu werden und eigene Ermittlungen anzustellen. Um die vom Gesetzgeber beabsichtigte stärkere Unabhängigkeit der Ausschussmitglieder[2] nicht zu gefährden, besteht kein Antragsrecht einzelner Gläubiger, des Verwalters oder der übrigen Mitglieder des Gläubigerausschusses. Dadurch soll vermieden werden, dass persönliche Auseinandersetzungen innerhalb des Ausschusses oder mit dem Verwalter über das Insolvenzgericht im Wege eines Entlassungsantrags ausgetragen werden. Ungeachtet dessen steht es diesen Beteiligten natürlich frei, beim Insolvenzgericht eine Entlassung von Amts wegen anzuregen. Das Insolvenzgericht ist aber in diesem Fall weder an diese Anregung gebunden noch zu einer Entscheidung hierzu verpflichtet, sollte sich nach entsprechenden Überprüfungen ergeben, dass die Vorwürfe unbegründet sind.

[2] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 247.

2.2 Wichtiger Grund

 

Rn 4

Die Entlassung eines Gläubigerausschussmitglieds setzt – gleichgültig ob von Amts wegen oder auf Antrag – immer das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Dies gilt auch für den Eigenantrag des Ausschussmitglieds, wie sich aus dem systematischen Aufbau der Vorschrift im Vergleich zwischen Satz 1 und Satz 2 entnehmen lässt.[3] Bei der Entlassung gegen den Willen des Ausschussmitgliedes ist ein schwerwiegender Pflichtverstoß erforderlich.[4] Die Beurteilung erfolgt anhand des Pflichtenkreises, wie er sich aus § 69, sonstigen gesetzlichen Einzelvorschriften und den besonderen Einzelanforderungen des jeweiligen Verfahrens ergibt. Dabei führt aber nicht jede Pflichtverletzung sofort zur Entlassung, sondern zunächst nur zur Haftung nach § 71 bei schuldhaftem Verhalten des Ausschussmitglieds. Im Übrigen gelten nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen hierzu die gleichen Grundsätze wie bei der Entlassung des Insolvenzverwalters nach § 59.[5] Als schwerwiegendes Fehlverhalten kommen vor allem in Betracht die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, die Erzielung eigener wirtschaftlicher Vorteile durch Ausnutzung von Insiderkenntnissen sowie die massive Verfolgung und Durchsetzung von Sonderinteressen über die Ausschusstätigkeit. Dagegen wird das bloße Bestehen eines Eigeninteresses gerade bei einem aus dem Gläubigerkreis gewählten Ausschussmitglied nicht ausreichen, da dies zwangsläufig schon aus seiner Gläubigerstellung resultiert. Erst wenn das Ausschussmitglied dieses Eigeninteresse unter Zurückstellung und Missachtung der Interessen der Gläubigergesamtheit verfolgt und durchzusetzen versucht, ist die Schwelle zu einem schwerwiegenden Pflichtverstoß überschritten. Auch das bloße Bestehen einer Interessenkollision dürfte noch keine Entlassung rechtfertigen, wenn diese für alle Beteiligten offenkundig ist, das Ausschussmitglied selbst darauf hinweist und sich bei den betreffenden Entscheidungen des Gläubigerausschusses, z.B. durch Nichtausübung seines Stimmrechts, zurückhält. Hat dagegen das Ausschussmitglied seine nicht ohne weiteres erkennbaren eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Kollisionslagen dem Verwalter oder den übrigen Ausschussmitgliedern verschwiegen, so kann dies je nach Bedeutung der Umstände im Einzelfall seine Entlassung durch das Insolvenzgericht rechtfertigen. Als wichtiger Grund kommt des Weiteren eine schikanöse Überwachung des Verwalters oder ein sonstiges persönliches Fehlverhalten im Rahmen der Amtsausübung ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge