Rn 23

Sofern dies nicht zu einer Verzögerung für das Verfahren führt, ist der Schuldner bei der Erstellung des Masseverzeichnisses hinzuzuziehen, d.h., ihm ist Gelegenheit zu geben, an der Erfassung (und wohl auch am Bewertungsverfahren) teilzunehmen. Das dient gleichermaßen seinem Schutz und der bestmöglichen Erfassung der Masse.[37] Auf die Aufstellung selbst und die Bewertung der Massegegenstände hat der Schuldner dagegen keinen Einfluss, dies ist ausschließlich Aufgabe des Verwalters und liegt in dessen alleiniger Verantwortung. Ist der Schuldner – z.B. (in der Praxis nicht selten) wegen Krankheit, durch Urlaub – verhindert, findet die Aufnahme der Massegegenstände ohne ihn statt, einen Anspruch auf Verlegung des Termins hat er grundsätzlich nicht.[38]

 

Rn 24

Eine Auskunfts- und Mitwirkungspflicht zur Ermittlung des Bestands, des Umfangs und der Belegenheit der Insolvenzmasse, aber etwa auch zu allen für die Bewertung der Massegegenstände erforderlichen oder auch nur nützlichen Umstände, ergibt sich für den Schuldner ganz generell aus § 97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2.[39] Entgegen herkömmlicher Auffassung hat der Schuldner auch völlig wertlose Gegenstände anzugeben.[40] Ob ein Gegenstand für die Masse von Wert ist oder nicht, hat allein der Verwalter zu beurteilen. Daher sind ihm auch die auf den ersten Blick wertlosen Gegenstände (namentlich die für den Schuldner völlig wertlosen Anfechtungstatbestände) zu benennen. Erzwungen werden können Auskunft und Mitwirkung des Schuldners über § 98 (der vor § 153 Abs. 2 greift; zu dessen Verständnis und Reichweite s. zu § 153 Rn. 30) mittels Anordnung der strafbewehrten Versicherung an Eides statt und hierzu möglicher zwangsweiser Vorführung und Verhaftung des Schuldners. Zu Mitwirkungs- und Auskunftspflichten des Schuldners bei der Inbesitznahme der Masse durch den Verwalter und dessen Masseverwaltung s. im Übrigen zu § 148 Rn. 80ff.

 

Rn 25

Wie auch sonst sind Einzelzwangsvollstreckung und Gesamtvollstreckung voneinander zu trennen; die Einzelzwangsvollstreckung ist während des Insolvenzverfahrens ohnehin grundsätzlich ausgeschlossen (§§ 89 f. ZPO). Die eidesstattliche Versicherung nach § 98 Abs. 1 stellt deshalb keine Spezialbestimmung zu entsprechenden Regelungen der ZPO (§§ 802c Abs. 3, 836 Abs. 3, 883 Abs. 2 ZPO) dar. Ob allerdings tatsächlich eine bereits nach § 802c Abs. 3 Satz 1 ZPO erklärte eidesstattliche Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit der Schuldnererklärung über sein Aktivvermögen der Anordnung einer nochmaligen Versicherung nach §§ 153 Abs. 2, 98 Abs. 1 nicht entgegensteht,[41] ist – zumindest in dieser Allgemeinheit – fraglich, denn die Auskunft nach § 802c ZPO erstreckt sich auf das gesamte Vermögen, geht also sachlich weiter als die Erklärung nach § 98 (die nur die Insolvenzmasse betrifft). Maßgeblich kommt es insoweit wohl auf die zeitliche Komponente an: ist die Erklärung vom Schuldner unmittelbar vor dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegeben worden, besteht wohl kein nochmaliges Informations- und damit Bekräftigungsinteresse der am Verfahren Beteiligten.

 

Rn 26

Sofern der Schuldner keine natürliche Person ist, wird über § 101 Abs. 1 Sätze 1 und 2 auf die aktuellen bzw. vor nicht mehr als zwei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeschiedenen Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans (Kapitalgesellschaften) bzw. auf die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter (Personalgesellschaften) abgestellt. Der nach der InsO erstmals mögliche Rückgriff auf bereits ausgeschiedene Vertretungsorgane entschärft maßgeblich das Problem der Informationsbeschaffung bei einem – in der Praxis nicht seltenen – Rücktritt, der Abberufung oder der Amtsniederlegung von Organen bei Personenverbänden noch vor Verfahrenseröffnung; die hierzu noch unter Geltung der KO ergangene umfassende Rechtsprechung[42] dürfte sich weitestgehend erledigt haben. Neu eingefügt durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)[43] ist außerdem die Möglichkeit, bei Führungslosigkeit einer Personenvereinigung auf die an ihr beteiligten Gesellschafter zuzugreifen.

 

Rn 27

Ganz generell haben – ebenfalls neu eingeführt durch das MoMiG – alle Einzelkaufleute und Gesellschaften, auch Niederlassungen in- und ausländischer Gesellschaften, stets eine inländische Geschäftsanschrift zu unterhalten und zum Handelsregister anzumelden, so dass – unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen – stets gewährleistet ist, dass gegenüber jeder Gesellschaft Erklärungen abgegeben und Zustellungen erfolgen können (§§ 13 Abs. 1 Satz 1, 29, 31 Abs. 1, 106 Abs. 2 Nr. 2 HGB, § 37 Abs. 3 Nr. 1 AktG, § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG); andernfalls ist – wenngleich beschränkt auf juristische Personen – öffentliche Zustellung möglich (§ 15a HGB, § 185 Nr. 2 ZPO n.F.). Bei Führungslosigkeit wird die AG nunmehr durch den Aufsichtsrat und die GmbH durch die Gesellschafter passiv vertreten (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge