Rn 27

Ist dem Beauftragten die Tatsache der Verfahrenseröffnung nicht bekannt und ist ihm hinsichtlich dieser Unkenntnis auch kein Verschulden zur Last zu legen, gilt der vom Schuldner erteilte Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er Kenntnis von der Verfahrenseröffnung erlangt oder Kenntnis haben müsste, d.h. die Unkenntnis schuldhaft besteht (§ 122 Abs. 2 BGB).

Die Vorschrift dient dem Schutz eines Beauftragten, der in nicht vorwerfbarer Weise von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Kenntnis hat.

 

Rn 28

Im Gegensatz zu Abs. 2 kommt es insoweit auf die subjektive Lage beim Beauftragten an, dessen Unkenntnis von der Verfahrenseröffnung führt indes nicht zu der Fiktion eines Fortbestands des Auftragsverhältnisses an sich, vielmehr gilt der Auftrag lediglich zugunsten des Beauftragten als fortbestehend.

 

Rn 29

Aufgrund des Erlöschens des Auftragsverhältnisses besteht keine Pflicht mehr für den Beauftragten, tätig zu werden oder zu bleiben, ebenso wenig hat der Insolvenzverwalter einen Anspruch auf Ausführung der ursprünglich vereinbarten Geschäftsbesorgung, Schadensersatzansprüche gegen den Beauftragten wegen der Unterlassung oder dem Abbruch der Tätigkeit kommen nicht in Betracht.

Dies gilt vorbehaltlich des Vorliegens der Voraussetzungen des Abs. 2, der der Bestimmung des Abs. 3 vorrangig ist.

 

Rn 30

Soweit der Beauftragte infolge Unkenntnis von der Verfahrenseröffnung tätig wird oder tätig bleibt, gelten für das Innenverhältnis die §§ 662 ff. BGB mit den dort geregelten Verpflichtungen des Beauftragten zur Auskunft, Rechnungslegung und Herausgabe gemäß §§ 666, 667 BGB fort.

 

Rn 31

Wie die Aufwendungsersatzansprüche aus der Tätigkeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen die Aufwendungsersatzansprüche für die Tätigkeit nach Verfahrenseröffnung Insolvenzforderungen dar.

 

Rn 32

Eine im Rahmen des Auftrags erteilte Vollmacht ist mit Verfahrenseröffnung erloschen (§ 117 Abs. 1), zugunsten des (ehemals) Beauftragten, der schuldlos die Eröffnung des Verfahrens nicht kennt, bestimmt § 117 Abs. 3 jedoch die Unanwendbarkeit des § 179 BGB, d.h., der ehemals Beauftragte haftet gegenüber Dritten nicht als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Der Schutz des Dritten richtet sich allein nach den §§ 81, 82 und 91.

 

Rn 33

Die Qualifizierung der Ersatzansprüche des Beauftragten als Insolvenzforderungen und seine damit verbundene Stellung als Insolvenzgläubiger bedeutet für Aufrechnungsmöglichkeiten des Beauftragten, dass seine Ersatzansprüche aus der Tätigkeit nach Verfahrenseröffnung so behandelt werden, als seien sie bereits vor Verfahrenseröffnung und damit als Insolvenzforderungen gemäß § 38 bereits zur Zeit der Verfahrenseröffnung entstanden.

 

Rn 34

Demgegenüber sind die Herausgabeansprüche zugunsten der Insolvenzmasse nach Verfahrenseröffnung entstanden, so dass eine Aufrechnungsmöglichkeit für den Beauftragten gemäß § 96 Nr. 1 nicht gegeben ist, ebenso wenig können Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht werden.

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