Gesetzestext

 

(1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

(2) 1Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. 2Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. 3Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger.

(3) 1Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. 2Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 23 Abs. 1 KO [Auftrag. Geschäftsbesorgungsvertrag]

(1) Ein von dem Gemeinschuldner erteilter Auftrag erlischt durch die Eröffnung des Verfahrens, es sei denn, daß der Auftrag sich nicht auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezieht. Erlischt der Auftrag, so finden die Vorschriften des § 672 Satz 2 und des § 674 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.

 

§ 27 KO [Rechte des Beauftragten]

Erlischt ein von dem Gemeinschuldner erteilter Auftrag oder ein Dienst- oder Werkvertrag der im § 23 Abs. 2 bezeichneten Art infolge der Eröffnung des Verfahrens, so ist der andere Teil in Ansehung der nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche im Falle des § 672 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Massegläubiger, im Falle des § 674 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Konkursgläubiger.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift entspricht ebenso wie § 116 der Regelung der §§ 23, 27 KO, so dass die insoweit ergangene Rechtsprechung und die Stellungnahmen in der Literatur weiterhin Geltung beanspruchen können.[1]

Abweichend vom bisherigen Recht sind die Vorschriften insoweit neu gegliedert, als § 115 die umfassenden Regelungen zur Beendigung eines Auftrags durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens und zu den Ansprüchen des Beauftragten für den Fall der Fortführung der Geschäfte über den Verfahrenseröffnungszeitpunkt hinaus enthält und § 116 für Geschäftsbesorgungsverträge auf die ausführlichen Bestimmungen des § 115 verweist. Demgegenüber waren die Rechtsfolgen einer Verfahrenseröffnung bislang für Aufträge und Geschäftsbesorgungsverträge des Schuldners gemeinsam in § 23 KO geregelt und Ansprüche des Beauftragten oder Geschäftsführers aus einer Fortführung der Tätigkeit über den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung hinaus in der ergänzenden Bestimmung des § 27 KO.

 

Rn 2

§ 115 regelt das rechtliche Schicksal eines Auftragsverhältnisses i.S.d. § 662 BGB, welches der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Auftraggeber begründet hat.

 

Rn 3

Nicht erfasst werden Rechtsverhältnisse, in deren Rahmen der Schuldner eine Geschäftsbesorgung für einen anderen zu erbringen hat. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Auftragnehmers lässt das Auftragsverhältnis grundsätzlich unberührt, das weitere Schicksal des Vertrags richtet sich allein nach Auftragsrecht gemäß §§ 662 ff. BGB, nicht nach dem Insolvenzrecht.[2]

 

Rn 4

Aufgrund der Unentgeltlichkeit ist der Auftrag i.S.d. § 662 BGB ein sog. unvollkommen zweiseitiger Vertrag, da nur der Beauftragte zu einer Leistung gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet ist, dieser jedoch keine echten, d.h. synallagmatischen Pflichten gegenüber dem Beauftragten hat.

Der Anspruch des Beauftragten auf Auslagenvorschuss und Aufwendungsersatz (§§ 669, 670 BGB) ist kein Anspruch, der in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht, die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz ist lediglich eine Nebenpflicht des Auftraggebers.[3]

Aus den genannten Gründen ist der Auftrag kein gegenseitiger Vertrag i.S.d. § 103, so dass dessen Anwendung bereits aus diesem Grund ausscheidet und eine Sonderregelung erforderlich macht.

 

Rn 5

Regelungszweck des § 115 ist es, den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners über sein der Zwangsvollstreckung unterliegendes Vermögen auf den Insolvenzverwalter infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 80) sicherzustellen und die Verfügungsmacht des Verwalters von Beeinträchtigungen Dritter freizuhalten.[4]

 

Rn 6

Entsprechend diesem Regelungszweck erlischt jeder vom Schuldner erteilte Auftrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Erlöschen wirkt ex nunc und gegenüber jedermann kraft Gesetzes, ohne dass weitergehende Erklärungen des Insolvenzverwalters erforderlich sind.[5] § 115 Abs. 1 wirkt über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus, d.h., nach Abschluss des Insolvenzverfahrens muss der Schuldner ursprünglich bestehende Auftragsverhältnisse ggf. neu begründen.

 

Rn 7

Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich für den Fall, dass ein zunächst vom Insolvenzgericht erlassener Eröffnungsbeschluss in der Beschwerdeinstanz aufgehoben wird. Mit rechtskräftiger Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses entfällt auch rückwirkend die Unwirksamkeit des Auftrags.[6]

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 312.
[2] Kilger/K. Schmidt, KO § 23 R...

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